Demokratisch Handeln - Der Wettbewerb 2003
Ein Coolness-Training für gewaltbereite Kinder und Jugendliche an der Wilhelm-Busch-Schule
Themen:
- Zusammenleben, Migration, Minderheiten
An der Wilhelm-Busch-Schule, einer Förderschule zur Erziehungshilfe, werden verhaltensauffällige Jungen aus den Landkreisen Wernigerode, Halberstadt und Quedlinburg unterrichtet. Ein Teil der Schüler ist sehr gewaltbereit. Erpressung, Rottenbildung, Schulhofmafia, Empathielosigkeit, Verrohung des Sprachgebrauchs und Zerstörung von Sachen sind nur einige sichtbare Zeichen der Gewalt. Abhilfe soll ein Anti-Gewalt-Training, ein so genanntes "Coolness-Training für gewaltbereite Schüler", schaffen. Ziel des Trainings ist es, Ursachen, Auslöser und Gegebenheiten von gewalttätigem und aggressivem Verhalten bei den Jugendlichen zu analysieren, alternative Verhaltensweisen zu entwickeln, sie in der Praxis einzuüben und umzusetzen. Insgesamt soll dadurch für alle Schüler und Lehrer das Lern- und Arbeitsklima an der Schule verbessert werden. Die Anregung zu dem Training kommt von der Projektgruppe "Augen gegen Gewalt", die in der Hochschule Harz angesiedelt ist. Von der Popgruppe "Die Prinzen" verspricht sich die Schule eine ideelle Unterstützung. Das Anti-Gewalt-Projekt startet mit Beginn des Schuljahres 2003/2004. Sechs Schüler sollen einmal wöchentlich sechs Monate lang zum Training gehen. Zuvor unterzeichnen sie einen Vertrag, der klare Verhaltensregeln für die Teilnahme am Training beinhaltet. Grundlage des Trainings, das drei ausgebildete Antiaggressivitätstrainer durchführen, ist die Aussage "Ich mag dich als Mensch, ich bin aber nicht einverstanden mit deiner Tat." Die Trainer konfrontieren in den Sitzungen die Schüler mit ihrem aggressiven und gewalttätigen Handeln. Die Schüler sollen die Opferperspektive begreifen, indem sie selbst in entsprechende Situationen gebracht werden. Eine Methode ist der so genannte "heisse Stuhl" - ein Schüler sitzt auf einem Stuhle, und die Trainer bilden einen Kreis um ihn. Sie konfrontieren ihn mit einer seiner Taten und sind dabei sehr direkt und körperlich nah an ihm dran. Augenkontakt ist Pflicht, verbale und körperliche Gewalt jedoch nicht erlaubt. Der Junge wird provoziert, soll aber versuchen, die Situation auszuhalten, ohne gewalttätig zu werden. Andere Strategien laufen darauf hinaus, die Konsequenzen der Tat zu begreifen. Dazu werden Gerichtsmediziner eingeladen, die Bilder von Opfern und deren Verletzungen zeigen. Die Trainer arbeiten auf Basis einer Methode, die davon ausgeht, dass gewalttätiges Verhalten erlernt wird und damit auch wieder verlernt werden kann, wenn man einen Ersatz dafür bietet. Dieser Ersatz ist Kommunikation – nach dem Motto "Lieber totlabern, statt totschlagen!". Bereits im vergangenen Schuljahr ist ein Anti-Aggressions-Training für vier Schüler organisiert worden, mit dem Erfolg, dass einer der Schüler an eine Sekundarschule zurückkehrt und zwei weitere in der Schule oft als Schlichter und Vermittler auftreten. An der Wilhelm-Busch-Schule soll das Coolness-Training als Methode der Gewaltreduzierung zukünftig fest installiert werden. Langfristiges Ziel ist es, dieses Training auch an anderen Schulen und Einrichtungen der Jugendarbeit dieser Region zu etablieren. (UK)
[Wernigerode, 2003]
Kontaktdaten
Wilhelm-Busch-SchuleZaunwiese 2
38855 Wernigerode