Demokratisch Handeln - Der Wettbewerb 2006
Zur Geschichte jüdischer Bürger in Rathenow 1933-1945
Themen:
- Geschichte, Lokalgeschichte, NS-Geschichte etc.
Im Rahmen der jährlich stattfindendenen Studienwochen beschäftigen sich Schülerinnen und Schüler mit dem Thema "Jüdische Bürger in Rathenow". Der eigentliche Anstoss für das Projekt kommt von aussen: Der Kursleiter erfährt vom Abteilungsleiter des Brandenburgischen Landeshauptarchivs Potsdam (BLHA), dass für Schülerprojekte im Rahmen des Projekts "Stolpersteine" Aktenbestände freigegeben werden, die bislang nicht einzusehen gewesen sind. Diese Akten im Rahmen der Studienwoche zu recherchieren, erfüllt gleich mehrere, immer wieder an die Schule gerichtete Forderungen: Es handelt sich zum einen um eine projekt- und problemorientierte, auf die Interessen der Schüler bezogene Arbeit, des Weiteren können wissenschaftliche Lern- und Arbeitsformen angewandt werden und der Geschichtsunterricht erhält einen regionalen Bezug. Schliesslich geht es um eine vertiefende Betrachtung eines geplanten Völkermordes, die auch eine Diskussion um die Schuld nachfolgender Generationen einschliesst. Das Interesse der Schüler am Thema ist gross, schon bald sind die Einschreibelisten voll. Zwei Aufgabenschwerpunkte werden für die Projektwoche formuliert. Im ersten Teil ihrer Facharbeit sollen die Schüler ihre im Unterricht erlernten Fähigkeiten im Umgang mit schriftlichen Quellen nachweisen. Erstmalig haben sie im BLHA die Möglichkeit, mit echten Primärquellen zu arbeiten. Neben der Quellenarbeit steht die Recherche im Mittelpunkt. Aus den Akten der jüdischen Bürger sollen die Schüler Daten herausarbeiten, "die den Personen nicht nur den Namen, sondern auch ein Stück ihrer Biografie wiedergeben" mit dem Ziel, ihnen damit auch Erinnerung und Würde zurückzugeben. Die Vorarbeiten gestalten sich aus verschiedenen Gründen schwierig. Ein Treffen aller beteiligten Schüler vor dem eigentlichen Archivbesuch kann nicht realisiert werden, sodass die Vorbereitung in Zusammenarbeit zwischen Kursleiter und einigen wenigen Schülern stattfindet. In einer kurzen Informationsveranstaltung wird das Gesamtteam instruiert. Paarweise erhalten die Schüler Arbeitsaufgaben und Informationsmaterialien, um den Besuch im Archiv vorzubereiten. Am 01. September besuchen die Schüler das Archiv. Hier können sie in Personenakten Einblick nehmen. Ende September 2006 findet die Studienwoche statt. Sie beinhaltet Vorträge, Seminare und selbstständige Recherche. Bereits am Freitag werden erste Ergebnisse vorgestellt und Querverbindungen zwischen den Opferbiografien herausgearbeitet. In den kommenden Wochen erstellen die Schüler ihre Facharbeiten gemäss ihrer Aufgabenstellungen. Während ihrer Arbeit sehen sich die Schüler mit einem unerwarteten Problem konfrontiert: Darf man positive Neugier und Entdeckerfreude empfinden, wenn man weiss, was für Folgen das für die Opfer bedeutet hat? Der Widerspruch zwischen rationaler Recherchearbeit und emotionaler Betroffenheit wird v.a. in den projektbegleitenden Konsultationen mehrfach diskutiert. Die Schüler veröffentlichen die Biografien in einer regionalen historischen Zeitschrift. Ausserdem gibt es Überlegungen, zusammen mit dem Museum zum Jahrestag der Reichspogromnacht eine Veranstaltung zu organisieren und einen Bericht im "Rathenower Heimatkalender" zu veröffentlichen. Unklar ist noch, ob in Rathenow weitere Stolpersteine gesetzt werden sollen. Dafür möchte sich das Projektteam aber in Zukunft einsetzen. (AK)
[Rathenow, 2006]
Kontaktdaten
Friedrich-Ludwig-Jahn-GymnasiumJahnstrasse 11
14712 Rathenow