Demokratisch Handeln - Der Wettbewerb 2006
Unser Klassenrat
Themen:
- Schule, Schulleben
Seit mehreren Jahren nehmen die Schülerinnen und Schüler der Grundschule Berg Fidel ihre Angelegenheiten eigenverantwortlich in die Hand. In wöchentlich stattfindenden Klassenratssitzungen sprechen die Mädchen und Jungen über ihre eigenen Belange, ihre Verhaltensweisen und Probleme.60% der Schülerschaft stammen aus Familien mit nichtdeutscher Herkunftssprache. "Ohne eine regelmässige ernsthafte Auseinandersetzung mit den Problemen der Kinder wären Unterrichtsprozesse durch soziale Konflikte häufig beeinträchtigt." Im Gegensatz zu "Streitschlichter"-Verfahren ist in einem Klassenrat die gesamte Klassengemeinschaft an der Lösung von Problemen und Konflikten beteiligt. Wenn ein Kind ein Problem hat, kann es dies jederzeit (auch während des Unterrichts) in das Klassenrat-Buch einschreiben oder malen. So hat das Kind zunächst einmal ein "Ventil" gefunden, mit dem es auf die Situation reagieren kann und es weiss, dass sein Problem nicht vergessen wird. Der Klassenrat findet wöchentlich statt und läuft in der Regel in drei Phasen ab: Aufwärmphase, Problembearbeitung und Aufgabenverteilung. Die Aufwärmphase dient zunächst dazu, dass die Kinder "ankommen". Der Klassenlehrer kann hier einen Einblick in die derzeitige Gefühlslage der Kinder gewinnen und erfährt, welche Kinder besondere Aufmerksamkeit benötigen. In der zweiten Phase stehen die Gespräche über aktuelle Probleme im Mittelpunkt. Hilfreich in dieser Phase ist das Klassenrat-Buch. Der Klassenlehrer ist vor allem dafür verantwortlich, eine Atmosphäre zu schaffen, in der Angst reduziert und kreative Lösungen gefunden werden können. Oftmals dient schon das Gespräch über das Problem und das gegenseitige Verstehen der Lösung des Konflikts. Bei schwierigeren Problemen muss ein Konsens gefunden werden. Dieser wird als "Beschluss" in das Klassenrat-Buch eingetragen und in der nächsten Sitzung erneut angesprochen, um zu prüfen, ob sich die Beteiligten an die Absprachen gehalten haben oder ob das Problem neu bedacht werden muss. Am Ende der Klassenratsitzung werden "Dienste" unter den Kindern verteilt, wie z.B. der Milchdienst und die Versorgung der Tiere und Pflanzen. Die "Dienste" sind freiwillig und werden von den Schülern selbstständig durchgeführt. Wenn ein Kind einen "Dienst" abgeben will, wird im Klassenrat ein Nachfolger gesucht. Durch die klare Aufgabenverteilung werden schon im Vorfeld hausgemachte, strukturelle Konflikte vermieden. Neben den Klassenräten, in denen vor allem klasseninterne Themen diskutiert werden, gibt es ausserdem die Konferenz der Klassensprecher - den Schülerrat - in der Wünsche und Probleme besprochen werden, die alle Kinder der Schule betreffen. Durch die regelmässigen Klassenratsitzungen lernen die Grundschüler, ihre eigenen Anliegen vorzutragen, anderen zuzuhören und Gefühle auszusprechen. Sie suchen selbstständig Lösungen für Probleme und erfahren gegenseitige Toleranz. Ein Höhenpunkt in diesem langjährigen Projekt ist die Einladung zum Grundschulforum in Berlin und die Überreichung des Praxispreises für Grundschulen 2002. Die Motivation für die Teilnahme am Wettbewerb Demokratisch Handeln formulieren die Schüler so: "Unser Wunsch ist es, dass an allen Schulen endlich ein Klassenrat eingeführt wird. Dabei würden wir gerne mithelfen." (AK)
[Münster, 2006]
Kontaktdaten
Grundschule Berg FidelHogenbergstrasse 160
48153 Münster