Demokratisch Handeln

Demokratisch Handeln - Projekt 254/11

Stimmen aus einer fremden Heimat

Themen:

• Europa
• Krieg/Frieden
• Schulpartnerschaft

Seit 2003 fahren Lehrerinnen und Lehrer, Schülerinnen und Schüler der Stadtteilschule Stellingen in Hamburg in Projektgruppen nach Bosnien. Bereits im Juni 2003 sprachen sie mit Zeitzeugen im Bergdorf Sibenica und in Jajce, die durch ihre Erlebnisse während des Balkankrieges traumatisiert wurden. Ein Schüler der Stadtteilschule Stellingen war damals der zehnjährige Samir Kahric. Mit seiner Mutter war er mit eineinhalb Jahren zu Fuss aus seinem Heimatdorf Sibenica geflohen. Aufgrund seiner Initiative organisieren von nun an die Jugendlichen Austauschprojekte mit Schülern des Vierten Gymnasiums in Sarajevo und begleiten Hilfstransporte in sein Heimatdorf.Seit 2005 ist der Schüleraustausch – in Kooperation mit der Ida Ehre Schule – zu einer Regelmässigkeit geworden. Schüler der zehnten, elften und teilweise zwölften Klassen arbeiten jährlich zwei Wochen gemeinsam. Sie teilen die Arbeitszeit und verbringen eine Woche in Hamburg sowie eine Woche in Sarajevo, gemeinsam mit Schülern aus Sarajevo.Seit 2009 führen sie auch Zeitzeugengespräche mit Jugendlichen und Erwachsenen, die im Krieg traumatisiert wurden. Den Leitfaden für diese Interviews entwickeln deutsche und bosnische Schüler gemeinsam. In den Interviews sprechen die Betroffenen oft zum ersten Mal über ihre Erlebnisse während der Kriegszeit und bewältigen ein Stück des eigenen Traumas.Für die Hamburger Jugendlichen mit bosnischen Wurzeln bedeuten die Gespräche die Aufnahme in die Gemeinschaft und Wertschätzung. Zum Schüleraustausch 2010 gehören acht bosnische Jugendliche, die zum Teil in Deutschland geboren wurden oder im Alter von ein bis zwei Jahren mit ihren Eltern nach Deutschland geflohen sind. Jahre später, als der Krieg bereits beendet war, wurden sie ausgewiesen. In Bosnien müssen sie sich an eine fremde Sprache und Kultur gewöhnen. Es fällt ihnen schwer zu sagen, wo ihre Heimat ist.Im Januar 2011 organisieren junge Engagierte der beiden Schulen eine Veranstaltung für Eltern, Freunde und Anwohner aus dem Stadtteil. Sie präsentieren ihre Erfahrungen und Erlebnisse des Schüleraustausches 2010. Der Schirmherr des Projekts, Freimut Duve, liest aus seinen Schriften zum Aufbau des Schulwesens in Bosnien nach dem Krieg, Josephine Mc Hardy liest "Caparas Geschichte", ein literarisches Mahnmal gegen den Krieg. Zwei Schülerinnen lesen einen Text von Susan Sontag und es wird der Film zum Austauschprojekt mit Auszügen aus den Zeitzeugeninterviews gezeigt.Für 2012 sind wieder Zeitzeugeninterviews und Gespräche mit Flüchtlingen aus Bosnien geplant. (HS)