Demokratisch Handeln

Demokratisch Handeln - Projekt 3/00

Kinderarmut - Kinderkosten - Kindergeld

Themen:

• Kommune, lokales Umfeld
• Politik

Der Bremer Ortsteil Tenever, in dem das SZ Walliser Strasse liegt, ist der kinderreichste und zugleich ärmste Ortsteil in Bremen. Mit dem Zusammenhang von Kinderarmut, Kinderkosten und den staatlichen Steuerungsinstrumenten der Familienpolitik (Kindergeld, Kinderfreibeträge etc.) setzen sich drei Wirtschaftskurse des 11. Jahrgangs - insgesamt 78 Schüler - in einem dreieinhalb Monate dauernden Projekt auseinander.Sie untersuchen zunächst die aktuelle wissenschaftliche Fachliteratur zu diesem Themenfeld sowie das Datenmaterial des Statistischen Bundes- und Landesamtes. Anschliessend entwickeln sie verschiedene Armutsbegriffe und zugehörige Kennzahlen. Die Projektgruppe stellt fest, dass Kinderarmut im doppelten Sinne besteht: zum einen als Armut an Kindern und zum anderen als Armut von Kindern. Infolgedessen wird unter allen Schülern eine Umfrage nach den Vorstellungen künftigen Familienlebens (Kinderwunsch etc.) der 16 bis 22-jährigen Schüler durchgeführt und ausgewertet. Im Statistischen Landesamt werden parallel dazu ortsteilbezogene Daten recherchiert. Ziel von Recherchen sind auch das Mütter-, Gesundheits- und Arbeitslosenzentrum des Stadtteils, das Sozialamt und Kindergärten, Armutsforscher, Steuerberater, der Deutsche Kinderschutzbund und die Initiative "terre des hommes".Beim Bildungs- und Sozialsenator wird in Bremen erstmalig erhoben, wie viele Klassenfahrten im Jahr durchgeführt und wie viele Kinder- und Jugendliche dabei vom Sozialamt unterstützt werden. Eine Ausstellung wird erarbeitet und in der Schule aufgebaut, die mehrere Zeitungsartikel und einen Fernsehbericht auslöst. In einem Brief an die Sozialsenatorin wird ein "Armuts- und Reichtumsbericht des Landes Bremen" gefordert. Ein Brief an den Bildungssenator klagt fördernde Aktivitäten im Bereich der Klassenfahrten ein. Auf einer Podiumsdiskussion mit dem Bremer Regierungschef Henning Scherf und Sozialpolitikern der Bürgerschaftsfraktionen von CDU und "Grünen" wird das Thema Kinderarmut und Kindergeld diskutiert.Die Reaktion der Bremer Regionalzeitungen ist gross und positiv. Die Politiker, insbesondere der Senatspräsident, versprechen praktisch politische Forderungen der Schüler (z.B. bei den Klassenfahrten) aufzugreifen. Das Projekt basiert auf einer detailreichen und akribischen Aufklärungs- und Recherchearbeit und hat Spuren hinterlassen, die über das erfolgreiche Hereinholen von "grosser Politik" in die Schule weit hinausgehen. (WB)