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Der Tag der Talente 2010 in Berlin

Unter dem Leitthema "Spannung" lud das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) auch in diesem Jahr zum Tag der Talente nach Berlin ein. Über 300 Preisträgerinnen und Preisträger bundesweiter Schüler- und Jugendwettbewerbe folgten der Einladung. Mitten im Regierungsviertel der Hauptstadt – Tagungsort war die Zeltbühne TIPI am Kanzleramt – erwartete die Teilnehmerinnen und Teilnehmer vom 18. bis 20. September 2010 ein spannendes und abwechslungsreiches Wochenende. Bereits zum fünften Mal fand der Jugendkongress statt, der einerseits auf die vielfältigen Entfaltungsmöglichkeiten spezieller Begabungen von Jugendlichen aufmerksam machen möchte, andererseits die pädagogischen Wirkungen der vom BMBF geförderten und gesamtstaatlich unterstützten Wettbewerbe öffentlich sichtbar machen und den pädagogische Ertrag dieser die Schulen unterstützenden Angebote hervorheben und anerkennen soll. Neben dieser öffentlichen Anerkennung des Engagements der jungen Talente, ist es zudem auch ein Anliegen des BMBF, Jugendliche zu ermutigen, ihre Talente zu entfalten und ihnen vertiefend nachzugehen. Der Tag der Talente ist, wenn man so will, auch eine besondere Form des derzeit pädagogisch vielbeschworenen "Umgangs mit Vielfalt".

Austausch und Spannung von Anfang an

Einen ersten Eindruck von der Vielfalt der vertretenen Wettbewerbe erhielt man bereits durch die Beiträge von Johann Rüdiger (BundesUmweltWettbewerb), den aus Jena stammenden Octavians, die bei jugend musiziert erfolgreich waren, den Gedichten von Johanna Fugmann (lyrix-Wettbewerb), der Präsentation zur Bio-Indikation mit Hilfe der Flechten von Florian Schober Jugend forscht und dem Film "Zugfahrt zu Oma" von Vico Ludwig, Preisträger im Wettbewerb "up and coming". Die Präsentationen versetzten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in Staunen und machten neugierig auf die Preisträger, ihre Erfahrungen, ihr Lernen – eben ihre Statements.

Genau in diese Vielfalt an Themen und Altersstufen der vertretenen Preisträger liegt die Spannung und der Reiz des Jungendkongresses, so BMBF-Staatssekretärin Cornelia Quennet-Thielen. In ihrer Begrüßungsrede rief sie dazu auf, diese Tage zu nutzen und dabei vor allem miteinander zu sprechen. Frau Quennet-Thielen betonte die Notwendigkeit des verantwortungsvollen Mitgestaltens und Einmischens in Zivilgesellschaft, Politik und Wissenschaft. Hierfür benötigen Talente eine offene und freie Gesellschaft, die ihre Potenziale entdeckt und fördert. Dies zu ermöglichen und zu unterstützen sei Aufgabe von Staat, Politik und Gesellschaft. Das neu gegründete Stipendiatenprogramm der Bundesregierung, aber auch die Begabtenförderwerke seien für die Unterstützung der verschiedenen Talente ein guter Partner. Der am Sonntagabend stattfindende Markt der Möglichkeiten biete für die Teilnehmer eine hervorragende Gelegenheit die einzelnen Förderwerke intensiver kennenzulernen bzw. bietet er die Chance neue Fördermöglichkeiten zu entdecken. Das die Verschiedenheit von Talenten – also die Differenzen in  Interessen, Neigungen und Lernformen, die diesen Begriff pädagogisch erst begründen – auch variantenreiche Unterstützungsformen benötigen, wurde in der anschließenden Interviewrunde deutlich.

Der Frage "Woher kommt die Energie für dein Schaffen?" gingen gemeinsam mit Moderator Stefan Rupp (Radioeins Berlin) die Autorin Melda Akbas, der Literat und Performance-Künstler Jörg Albrecht, die Schwimmerin und Neurobiologin Antje Buschulte sowie der ehemalige Jugend forscht-Preisträger Andreas Neuzner  und die Autorin Dorothea Seitz  nach. Das Podium einte die Überzeugung, dass Talent jeweils ein besonderes Thema brauche sowie die damit verbunden innere Begeisterung, die das Thema entfacht und das Lernen beflügelt. Die eigentlichen Beweggründe für das persönliche Engagement der "Talente" liegen in solchen sehr subjektiven Elementen und Bedingungen. Druck von außen sollte dabei keine maßgebliche Rolle spielen. Vielmehr ist sei es wichtig, dass man "trotz auftretender Hindernisse oder Probleme stets an sich und seine Fähigkeiten glaubt und sein Ziel nicht aus den Augen verliert" wie das Andreas Neuzner formulierte. Mit diesem Resümee endet der offizielle Teil des Begrüßungstages und alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben die Gelegenheit, gemeinsam am Buffet oder bei den verschiedenen Aktionen des Ideenparks das Gesagte zu diskutieren, gut genutzt. Mit der Band "Polka Dots We´re Dancing" ging ein guter Start des Talente-Tags zu Ende.

Gemeinsam handeln – gemeinsam etwas bewegen

Der Sonntag stand ganz im Zeichen der gemeinsamen Arbeit. In 18 Workshops konnte die Teilnehmerschaft u.a. zu den Themen Globalisierung, Bionik, Design, Demokratie, Film oder Stadtentwicklung arbeiten. Gemeinsam mit Praktikern und Wissenschaftlern der verschiedenen Disziplinen ging es um Themen wie: Wer kümmert sich um die Menschenrechte? Wie bewegend ist Bionik? Gibt es auch heute noch eine Mauer in den Köpfen? Wie stellt man Spannung filmisch dar? Der Anreiz mitzumachen, lag klar in der vertiefenden Fachlichkeit der Angebote und der Professionalität von Expertinnen und Experten in den Workshops.

Dabei hatten Gäste des "Talente-Tages" die Chance, über ihre Disziplin hinaus Kontakte zu knüpfen und Einblick in neue Themengebiete zu gewinnen. Die Ergebnisse der gemeinsamen wurden noch am selben Abend im TIPI präsentiert, sodass sich jeder von der Arbeit und den Erkenntnissen der Anderen ein Bild machen konnte.

Neben den zahlreichen Angeboten für die Jugendlichen gab es erneut einen Workshop für Betreuer. Nachdem es in diesem pädagogischen Expertenkreis im vergangenen Jahr um Talentförderung ging, thematisierte die Arbeitsgruppe nun den Bereich der Hochbegabung. Eine kurze Einführung gab der Pädagogik-Psychologe Prof. Dr. Detlef Rost aus Marburg. Auch in diesem Jahr spielte die Arbeitsgemeinschaft bundesweiter Schülerwettbewerbe durch Moderation, Beratung und Begleitung eine wesentliche Rolle bei der Durchführung dieses Workshops, bei dem Lehrer und Eltern gemeinsam mit Vertretern verschiedener Wettbewerbe die Notwendigkeit, den Nutzen sowie die öffentliche Wirkung von Wettbewerben und das hierfür einschlägige Grundlagenthema der Hochbegabung diskutieren konnten. Im Anschluss an die Arbeitsphase hatten die Schüler und Betreuer am Nachmittag die Gelegenheit, sich im Haus der Pressekonferenz mit verschiedenen (heutzutage sogenannten) Soft-Skills wie z.B. Rhetorik, Knigge und Zeitmanagment zu beschäftigen oder alternativ an Spaziergängen zu besonderen Orten Berlins teilzunehmen. So konnten sie z.B. die Berliner Mauer, den Bundestag, das Holocaustmahnmal oder das Energiemuseum Berlin besuchen. Zurück im TIPI stellten sich anschließend verschiedene Stiftungen und Begabtenförderwerke vor. Auf dem Markt der Möglichkeiten standen die Vertreter den Besuchern Rede und Antwort, gaben hilfreiche Tipps und versuchten, bestehende Hemmschwellen vor einer Bewerbung zu mindern

Von der Unberechenbarkeit eines erfolgreichen Berufslebens

Feierlicher Abschluss des Tags der Talente  war die Auszeichnung der Preisträger am Montag durch den Parlamentarischen Staatssekretär im BMBF, Thomas Rachel. "Wir brauchen auch weiterhin kritische Köpfe!" war Leitthema seiner Rede. Spannung gehört nach seiner Ansicht zur Vielfältigkeit dazu. Zudem rief er dazu auf, sich nicht vor einer Bewerbung bei den zahlreichen Begabtenförderwerken zu scheuen. "Sie gehören zu den erfolgreichsten Menschen in diesem Land. Wir brauchen Sie!", so der besondere Appell an die Jugendlichen. Deswegen sei es notwendig, dass die verschiedenen Talente zusammenkommen, um voneinander und von ihrer Unterschiedlichkeit zu profitieren und sich gegenseitig zu inspirieren. Denn gerade der Dialog zwischen den Themenfeldern sei ein zentrales Anliegen dieser Veranstaltung und der Förderstrategie des BMBF. Immerhin treffen sich beim Tag der Talente Wettbewerbsteilnehmer aus den Bereichen: Film und Theater, Fremdsprachen, Geschichte, Informatik, Literatur, Musik, Naturwissenschaften, Politik und Gesellschaft, Unternehmensgründung, Sport und Umwelt. Der Beitrag von Staatsekretär Rachel und insbesondere der darin liegende disziplinär-breite Blick fand Zustimmung beim Auditorium. Gleichwohl ließ sich eine gewisse Enttäuschung darüber, dass Bildungsministerin Annette Schavan ihren Termin kurzfristig absagen musste, nicht ganz überhören.

Im Anschluss daran leitete Prof. Dr. Hans Joachim Schellnhuber vom Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung (PIK) seine Festrede mit einer eigens verfassten Definition zum Tagungsmotto ein. "Spannung ist" so Schellnhuber, "das Produkt aus Unwissenheit, Bedeutung und Wartezeit". Ausgehend davon spricht der renommierte Forscher von der Unberechenbarkeit des eigenen Lebens bzw. der Unplanbarkeit eines erfolgreichen Berufsweges. Anhand seiner eigenen Biografie schildert er die Spannung und das ungemeiner Potenzial, das eben auch in vermeintlichen Irrwegen stecke. Besondere Begabungen zu entfalten, das verlange jedoch auch, Verantwortung zu übernehmen. Deshalb sei es die Pflicht derjenigen, die ihr Talent offensiv entfalten könnten oder gar dabei durch Förderangebote der Wettbewerbe und damit durch die staatliche Gemeinschaft maßgeblich unterstützt würden, gegenüber der Gesellschaft "das Wissen mit anderen zu teilen und gegebenenfalls auch unbequeme Wahrheiten zu formulieren", so Schellnhuber. Beispielgebend hierfür sei Albert Einstein gewesen. Dieser sah sich neben der Wissenschaft ebenso der Politik, der Gesellschaft, ja der Menschheit insgesamt verpflichtet. Schellnhuber fordert die Jugendlichen in diesem Kontext auf, "nicht nur dort zu suchen, wo das Licht ist, sondern genauer dorthin zu sehen, wo es weniger klar und hell scheint". Nichts wäre möglich ohne Wissenschaft. Undenkbar für alle im TIPI versammelten Talente sei doch gegenwärtig ein Leben ohne Internet und dies wiederum sei eben nur möglich dank forschender, kreativer Talente,  die es zu fördern gilt.

Kreativität stand auch im Mittelpunkt des Videoworkshops am Samstag. Nach einer langen Nacht im Schneideraum präsentierte dieser eindrucksvoll seine Sicht auf den Tag der Talente 2010. Ebenso beeindruckte das musikalische Werk von Florian Wessel (Bundeswettbewerb Komposition) sowie Joong Hyeok Choi und Magdalena Faust (Jugend musiziert).

Die abermals gelungene und spannende Veranstaltung endet mit der Auszeichnung ausgewählter Preisträger stellvertretend für ihren jeweiligen Wettbewerb. Der fünfte Tag der Talente – so lässt sich zusammenfassend sagen – bot ein spannendes Programm und zahlreiche Möglichkeiten zum informellen Austausch aller Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Dank des abwechslungsreichen wie auch vielfältigen Programms mit hochkarätigen Workshop-Moderatoren und Laudatoren nehmen die Gästezahlreiche neue spannende Ideen und Perspektiven mit nach Hause. Es ist sichtbar geworden, dass die bundesweit agierenden Wettbewerbe, die von gesamtstaatlicher Patenschaft und Förderung zehren und zehren müssen, aus der Landschaft der Begabungsentfaltung in der deutschen Schule nicht mehr wegzudenken sind. Man darf schon voller Neugierde auf den nächsten Tag der Talente 2011 gespannt sein!

(Michaela Weiß/Göttingen unter Mitarbeit von W. Beutel/Jena)

(02.01.2011, LR)

 
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