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Demokratisch Handeln!? Gesagt! Getan! Demokratie-Projekte aus sächsischen Schulen in Sachsen in der Dreikönigskirche Dresden

Das Bildungswerk Dresden der Konrad-Adenauer-Stiftung hat gemeinsam mit dem Förderprogramm Demokratisch Handeln am 27. Februar 2008 zu einer „regionalen Lernstatt Demokratie“ nach Dresden in die Dreikönigskirche eingeladen. Ziel war eine Werkstatt des Lernens, eine Besichtigung laufender und abgeschlossener Projekte mit vorzeigbaren Erfahrungen für Demokratie-Lernen an den Schulen des Freistaats, die sich am Wettbewerb Demokratisch Handeln 2007 beteiligt hatten. Eingeladen waren immerhin 21 Schulprojekte aus sächsischen Grundschulen, Mittelschulen, Gymnasien sowie beruflichen Schulzentren, die gezeigt haben, wie vielfältig gerade im Regelschulwesen Beteiligung gelebt und Verantwortung gelernt werden kann. Gekommen sind fast alle und zwar gemeinsam: Lehrerinnen und Lehrer mit ihren Schülerinnen und Schülern.

elementar

Das Themen- und Aufgabenspektrum der dabei vorgezeigten Initiativen reicht von interkulturell bzw. grenzübergreifend angelegten Projekten über internationale Schülerbegegnungen hin zu Formen des Zusammenwirkens mit behinderten Menschen. Es ging von der Beteiligung von Schülerinnen und Schülern bei Klassenkonferenzen, ehrenamtlichen Tätigkeiten beim Schulsanitätsdienst, der Schülerzeitung oder beim Schulradio über den Schutz gefährdeter Tierarten zur Gestaltung eines umweltfreundlichen Schulfestes bis hin zur Gewinnung alternativer Energie in der Schule sowie der Rekonstruktion historischer Maschinen. Erster Eindruck ist erneut der, dass schulisches Demokratielernen eng verknüpft ist mit dem Engagement für eine Sache und der Konfrontation mit substanziellen Aufgaben von gesellschaftlicher Reichweite im Großen wie im Kleinen.

Die Eröffnung: Demokratie muss wachsam sein

Die Veranstaltung wurde eröffnet durch Dr. Joachim Klose, Leiter des Bildungswerkes Dresden der Adenauer-Stiftung. Klose bedankte sich bei den Beteiligten für ihr Engagement und den Mut, aus der schulischen Welt durch die Wettbewerbs-Teilnahme bei Demokratisch Handeln in die öffentliche Wahrnehmung hinauszutreten. Er betonte, dass Demokratie einer steten Anstrengung bedürfe und vom Handeln und Tun jedes einzelnen lebe. Ohne diese stete Anstrengung einer großen Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger könne sich ein politisches System durch kleine, jeweils vermeintlich unbedeutende Veränderungen, in Richtung auf eine Diktatur verändern. Bedrohungsgefühle und gegenseitige Verdächtigungen seien solche Veränderungen, die demokratische Freiheiten einschränkten, wie dies ganz aktuell die amerikanische Kulturkritikerin Naomi Wolf mit ihrer engagierten Streitschrift „The End of America: A letter of warning to a young patriot“ in Blick auf das große amerikanische Gemeinwesen zeige. Gerade deshalb, so betont Joachim Klose, ist demokratisches Handeln die Antwort auf solche Entwicklungen: „Es gilt, selbst Hand anzulegen und aufmerksam zu bleiben, denn Demokratie braucht das Handeln des Einzelnen“. So sollten auch die Rechtsmittel und das Rechtssystem genutzt werden, um sich einzumischen. Eine Möglichkeit hierfür liege bspw. im Ehrenamt des Schöffen. Aber auch im Kleinen beginne Demokratie und Einmischung. Klose betonte, dass „gerade die hier vorgestellten Projekte Beispiele dafür bieten, wie jede und jeder etwas beitragen kann. Jedes Projekt hat dabei seinen Wert“, zeigt er sich von der Themenvielfalt beeindruckt.

Der Leiter der Abteilung 2 im Sächsischen Staatsministerium für Kultus, Dr. Ulrich Reusch, bedankte sich bei den Schülerinnen und Schülern ebenso wie bei den Lehrerinnen und Lehrern für ihr demokratieförderliches Engagement. Das Förderprogramm Demokratisch Handeln zeige in all den Jahren seines Bestehens, dass ein Wettbewerb in den Kern von Gesellschaft und Politik stoßen könne. „Dieser Kern ist für uns die Demokratie, für die ein jeder gebraucht wird. Und das auch in den Parteien, die nichts anderes sind als Vereinigungen politisch interessierter Bürgerinnen und Bürger“. Reusch erinnerte sich an seine Zeit als Schüler in den 1950er und 60er Jahren, als in der BRD die Wirtschaft wieder in Fahrt kam und viele Menschen sich fragten, wie es nach der nationalsozialistischen Katastrophe, dem Holocaust und dem Kriege weitergehen könne. „Nahezu jeden Tag ist in meiner Familie darüber gesprochen worden“, erinnert sich Dr. Reusch. In dieser politischen interessierten Zeit wurde viel Zeitung gelesen und politische Debatten wurden im Radio gehört. „Ich habe mich früh im Schülerrat sowie in politischen Organisationen engagiert und dabei die aufregende Erfahrung gemacht, dass man etwas bewirken kann. Das hat mich immer wieder zu ehrenamtlichem Engagement angeregt“. Mit Blick auf die heutige Zeit frage er sich allerdings, warum die Leute lieber Talkshows anschauten, anstatt selbst über Politik und zu sprechen. Statt Parteien gegenüber verdrossen zu sein, sollte man sich politisch engagieren und seine eigene Meinung durch Tun vertreten. „Nur die eigene Aktivität in der Demokratie hält sie lebendig“, so beschließt er seinen Appell, „denn die hier gezeigten Projekte belegen, dass dies möglich ist“.

Wolfgang Beutel, der Geschäftsführer des Förderprogramms Demokratisch Handeln, unterstrich die große Resonanz des Projektwettbewerbs in den sächsischen Schulen. Mit Blick auf das Zeitphänomen der Politikverdrossenheit betonte Beutel, dass der Streit um Positionen und Meinungen grundsätzlich zur Demokratie gehöre und selbst Politiker wie jüngst Franz Müntefering in der ZEIT sich darüber immer wieder wundern, dass Streit nicht als Kultur, sondern als Unkultur verstanden und deshalb mit Häme bedacht werde. Politik sei in erster Linie Handeln und damit die Antwort auf aktuelle Probleme. Beutel verwies angesichts dieser These auf die Tendenz, in den Schulen das Politiklernen hin zum Demokratielernen zu verändern: „Veränderungen in Richtung Demokratiepädagogik zielen darauf, sich schon beim Lernen in die Demokratie aktiv einzumischen. Unsere Dresdner Veranstaltung soll das Interesse an solchen Projekten dokumentieren und zum Weitermachen ermuntern“, so Beutel. Auch wenn lokale Antworten auf globale Probleme keine vollständigen Lösungen böten, so zeigten sie doch, mit einem Wort von Hannah Arendt, „ dass das Wesen der Demokratie darin liege, immer wieder einen neuen Anfang zu machen“. 

Die Durchführung: Demokratie-Garten und Arbeitsgruppen

Der „Demokratiegarten“ schloss daran an. Erstaunlich war die innerhalb einer vorbereitenden Stunde entstandene Vielfalt, die zu einer anregenden kleinen Projektausstellung geführt hat, in der sich sofort interessante Gespräche, neue Fragen und bisweilen auch neue Antworten entwickelt haben. Nach dem Rundgang in diesem „symbolischen Garten“ sind die Schülerinnen und Schüler sowie ihre Lehrerinnen und Lehrer in drei Gruppen zu einem moderierten Erfahrungsaustausch zusammen getroffen. Unter dem Motto „Demokratie wird lebendig“ hat es in diesen Runden für die Teilnehmenden Gelegenheit gegeben, ihre Projekte vorzustellen, andere Projekte kennenzulernen, Erfahrungen und Erlebnisse auszutauschen und sich gegenseitig Anregungen für die Weiterarbeit zu holen. Dabei hat die Frage im Vordergrund gestanden, wie die Projektgruppen ihre Projekte jeweils fortsetzen wollen und welche Impulse und Erfahrungen von anderen Projekten zu erhalten sind. Schließlich haben die Gruppen einen Beitrag für eine Präsentation im Plenum erarbeitet.

Die erste Gruppe, moderiert von Kurt Ohmann (Ettenheim, Baden), präsentierte ihre Arbeitsergebnisse mit einer „gespielten Straßen-Umfrage“ zum Thema der Politik. Die Reporter fragten dabei die Schülerinnen und Schüler in ihrer Rolle als Passanten, inwieweit sie bereits an Spenden- oder Hilfsaktionen teilgenommen haben. In den Antworten wurde deutlich, wie vielfältig sich die Kinder und Jugendlichen in ihren Schulprojekten für andere Menschen eingesetzt haben und dass man auch in kleinen Gruppen etwas erreichen kann. In der Gruppe ist zudem auch betont worden, dass diese Projekte beim Lernen auch Spaß vermitteln können – auf der Bühne war das zu besichtigen.

Die zweite Gruppe, in der Diskussion von Veit Polowy (Leipzig) zusammengeführt, präsentierte ihre Arbeitsergebnisse durch Schlagworte, die Demokratie in den Schulprojekten lebendig machen können: Kooperation, gemeinsam stark werden, helfen, Integration, interkulturell, Toleranz, Konfliktmoderation, Verständnis, Gleichberechtigung, Schulgestaltung, Empathie, Arbeit für behinderte Kinder, Umweltschutz, Kommunikation. Bereits die Gruppendiskussion hat zudem die akkurate Vorbereitung insbesondere von insbesondere den Kindern und Jugendlichen aus den Schulprojekten aufscheinen lassen. Man wollte nicht nur Ergebnisse präsentieren, sondern über Lernprozesse und Handlungsverläufe sprechen.

Schließlich stellte die dritte Gruppe um Michael Ridder (Münster/Wf.) ihre Arbeitsergebnisse dar. Eine Radiomoderatorin ließ die umher wandelnden Schülerinnen und Schüler der Reihe nach erklären, was sie in ihrem Projekten getan haben. Abermals zeigt sich vor allem die Vielfalt der Projekte. So haben die Schülerinnen und Schüler von Radio Resonanz aus Dresden-Cotta die demokratiepädagogische Bedeutung ihrer Arbeiten unterstrichen, weil dabei aus ihrer Sicht  „Demokratie dort erfahrbar ist, wo sie das Projekt selber machen“, wie Theresia es ausdrückt. Einer ihrer Mitstreiter unterstreicht den Tätigkeitsgedanken durch die Erfahrung regelhafter Entscheidungsstrukturen: „Wenn wir Alternativen haben oder zu Ergebnissen kommen müssen, dann machen wir das mit Abstimmungen“, betont er.

Der Abschluss: Einladung zum Weitermachen

Wolfgang Beutel würdigte die in kurzer Zeit verabredeten witzigen Präsentationen, „die kurzweiliger und unterhaltsamer gewesen sind als manches wissenschaftliche Referat!“. Beutel erinnerte an die Möglichkeiten, sich beim Förderprogramm Demokratisch Handeln zu beteiligen und verwies auf die Website www.demokratisch-handeln.de. Dort stehe eine Datenbank zur Verfügung, bei der man sich reichhaltig von anderen Projekten inspirieren lassen könne.

Wolfgang Wildfeuer unterstrich, wie wichtig es sei, aufeinander zu zugehen und gemeinsam Erfahrungen zu machen. Er machte zudem darauf aufmerksam, dass vom 3. bis 5. September 2008 eine weiterführende Fortbildungsveranstaltung im Tagungszentrum Meißen des Sächsischen Bildungsinstituts stattfindet, bei der Lehrerinnen und Lehrer ihr Verständnis über Projektlernen und Demokratiepädagogik intensiv vertiefen können. Auch Seminarangebote in Kooperation mit der Friedrich-Ebert-Stiftung können genutzt werden. Schließlich besteht die Möglichkeit für Trainings und Beratung in der Schule selbst.

Hoch konzentriert, engagiert, farbenreich und mit intensiven Gesprächen gelang bei der Kooperationstagung der Konrad-Adenauer-Stiftung bereits bei der zweiten Auflage (erstmals hatten die beiden Partner-Organisationen das Modell im Januar 2007 angeboten) eine intensive Arbeitsform, die durchweg zufriedene Teilnehmerinnen und Teilnehmer zurückgelassen hat. Gemäß eines verbreiteten Bonmots sind ja bereits zwei Termine „der Beginn einer Tradition“. Beim Förderprogramm Demokratisch Handeln jedenfalls hofft man auf eine Weiterführung dieser effektiven Eintagesveranstaltung im nächsten Jahr.

(Wolfgang Beutel, Jena/Veit Polowy, Leipzig)

 
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