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Beispiele: Vier Berichte aus vier höchst unterschiedlichen Praxisfeldern

Der nachfolgende Samstagvormittag diente dazu, das Transfer-Problem aus der Anschaulichkeit von vier verschiedenen Handlungsfeldern zu beleuchten. Konzepte und Erfahrungen aus Sachsen, Rheinland-Pfalz, Hamburg und Bayern sind vorgestellt und diskutiert worden. Sie haben belegt, dass Transfer nach wie vor ein Problem und eine besondere Herausforderung ist sowie die jeweiligen Projekte (auch im BLK-Modellprogramm) nicht in direkten Transfer-Ketten übertragen werden können, ja solche Übertragungseffekte bislang nur dort ansatzweise erkennbar sind, wo es durch einen dezentralen Aufbau des Übertragungssystems begünstigt wird. Entscheidender Ansatz hierbei ist das professionelle Handeln von Lehrerinnen und Lehrern.

Sachsen:

Wolfgang Wildfeuer, Referent in der Lehrerbildung des Sächsischen Bildungsinstitutes ist zugleich Regionalberater für das Förderprogramm Demokratisch Handeln und Begleiter für den Transfer der BLK-Programmergebnisse im Land. Er skizziert das mit dem Kultusministerium abgestimmte Projekt, demzufolge die Ergebnisse des BLK-Modellprogramms in der sächsischen Lehrerbildung ihren Platz finden sollen. Dort will man versuchen, das, was die sächsischen Projekte in den beiden Modulthemenbereichen „Mediation“ und „Offener Unterricht“ erreicht haben, über die drei möglichen LFB-Wege – zentral im SBI-Tagungszentrum Meißen, auf die Regionen bezogen mit Hilfe der Regionalschulämter und durch schulinterne Lehrerfortbildung – weiter zu tragen. Als Leitbild für die „Transferphase“ gelte dabei eine Art „Navigatorenkompetenz“. Wildfeuer versteht sich als „begleitender Berater“, um die Kräfte und Ideen der Leute vor Ort in den Schulen aufzusuchen. Dabei geht es darum, bei den Lehrerinnen und Lehrern der noch nicht in gezielte „Demokratieentwicklung“ einbezogenen Schulen Bereitschaft für die Arbeit in diesem Feld zu wecken, mit ihnen themenbezogene Fortbildung zu machen und Projekte aufzugreifen, zu dokumentieren und anzuerkennen. Insofern setzt dieses Programm auf einen Ansatz, der die Arbeit in der Regionalberatung und Multiplikation guter Projektpraxis aus dem Förderprogramm Demokratisch Handeln schon seit Jahren prägt: Die Demokratieberater in Sachsen müssen zur „Selbstevaluation“ hinführen und die Schulen sollen erkennen, was sie können und was sie brauchen.

Rheinland-Pfalz:

Hans Berkessel, Projektleiter des BLK-Modellprogramms in Rheinland-Pfalz skizziert einen ganz anderen und gleichwohl nicht unähnlichen Ansatz. Er geht von Ergebnissen und Produkten aus der Arbeit der Modellschulen im Land aus und zeigt Ausschnitte aus einer DVD-Filmproduktion, die gekonnt in die schultypischen Arbeitsformen von drei Projekten im Land hineinführt. Schwerpunkte dabei sind der Klassenrat (am Beispiel einer Grundschule in Landau/Pfalz), das darauf aufbauende Stufenparlament (am Beispiel einer Regionalen Schule in Ransbach-Baumbach/Westerwald) und das paritätisch aus Schüler/innen, Lehrer/innen und Eltern (auf Jahrgangstufenebene gewählt) besetzte Schulparlament (am Beispiel einer Integrierten Gesamtschule in Ludwigshafen) – Thema die lebendige Aktualisierung von schulischer Partizipation durch die Schülerinnen und Schüler selbst. Nicht zuletzt deshalb sind auch die gut und einladend gestaltete DVD sowie die drei Teilfilme originäre Produkte aus der Hand Jugendlicher. Die Filme zeigen, unter welchen Rahmenbedingungen solche Beteiligungsprojekte möglich sind. Dabei verweist Berkessel auf die im Grund überschaubaren „Ressourcen“, die die Projekte aus den Mitteln der Schulen selbst in Anspruch nehmen: Eine Verfügungsstunde im Wochenverteilungsplan der Schule und einen Demokratie-Tag pro Schuljahr. Entscheidend für die Verankerung der positiven Projekterfahrungen sind Hospitationen. Die Transfer-Arbeit im Land wird zudem in ein Konzept längerfristig angelegter und landesweit sichtbarer Kooperationsstrukturen zivilgesellschaftlicher Partnerinstitutionen (Fachverbünde der politischen Bildung, GEW, Jugend- und bürgerschaftliche Partizipationsnetzwerke) eingebettet, deren sichtbarstes Element der jährlich stattfindende„Demokratie-Tag“ Rheinland-Pfalz sein soll. Klar ist aber auch, dass es dabei nicht bleiben kann – man darf auf die weitere Entwicklung gespannt sein.

Hamburg

Kurt Edler problematisierte das Transfer-Thema aus einer anderen Perspektive, indem er die Frage aufwarf, wie man für die Demokratie glühen könne, wenn man sie nicht selbst erkämpft habe? Dieser eher rhetorischen Zuspitzung stellte er den Hamburger Ansatz der Fortführung des demokratiepädagogischen Arbeitsfeldes unter Moderation durch das Landesinstitut für Schulentwicklung des Stadtstaates gegenüber. Dort wird in einer Zusammenführung der bisherigen demokratiepädagogischen Bestrebungen in den übergeordneten Aufgabenfeldern und in Partnerschaft mit den am BLK-Programm beteiligten Personen aus Schule und Schulberatung auf das Konzept eines „Demokratiebüros“ gesetzt. Edler illustrierte das mit einem im Aufbau befindlichen Internet-Service-Angebot, das ein „demokratiepädagogisches Forum“ anbietet, außerschulische Akteure und damit die Zusammenarbeit von Schule und Zivilgesellschaft favorisiert, milieuübergreifende Kooperationen bspw. mit der Wirtschaft anstrebt sowie insbesondere die neuen Technologien wie Weblogs einbeziehen soll. Dabei soll die Entwicklungsarbeit sich auf den neuen Orientierungsrahmen „Schulqualität“ der Hamburger Schulbehörde beziehen und auch von daher die Schulen dazu einladen – Kurt Edler wählte hierbei die Vokabel „nötigen“ – demokratiepädagogisch zu handeln. Das damit skizzierte Programm ist anspruchsvoll und hat zu kritischen Rückfragen nach seiner Umsetzbarkeit eingeladen. Doch in Hamburg ist man optimistisch, man solle – so Edler – „den Freiheitsdurst unserer Partner nicht unterschätzen“.

Bayern

Eine völlig andere Farbe bekam das Aufgabenfeld der Demokratiepädagogik aus der bayerischen Perspektive, die anschaulich und launig von Klaus Wenzel skizziert wurde. Hauptproblem der bayerischen Demokratieentwicklung auch in der Schule sei die andauernde Dominanz einer politischen Kraft und damit die für die Demokratie nicht mehr selbstverständlich wahrnehmbare Möglichkeit eines Politikwechsels. Nicht zuletzt darin liege auch die Enthaltsamkeit des Landes hinsichtlich einer Beteiligung am BLK-Programm begründet. Da aber auch die bayerische Schulgesetzgebung sich auf die Demokratie als Wert und Bildungsziel beziehe und es durchaus viele Schulen gebe, deren Mikrostruktur demokratisch geprägt sei, empfahl Wenzel, die bislang rund 300 Schulen des Landes, die sich am Förderprogramm Demokratisch Handeln in den letzten Jahren beteiligt haben, anzusprechen und – soweit möglich – zu verknüpfen: „Diese Schulen sollte man anschreiben und ihnen Unterstützung anbieten“. Überdies gebe es eine Reihe von Initiativen und Programmen, die aus demokratiepädagogischer Perspektive der Beachtung wert seien. Ein Beispiel gibt das Modell „Modus 21“, das – zwar gymnasial geprägt – doch in Blick auf Methodik und Didaktik sowie auf das Feld von Prüfung und Leistungsbeurteilung innovativ sei. Klaus Wenzel forderte – auch in Blick auf die Lehrerbildung – die Entwicklung und Konkretisierung einer „Demokratiedidaktik“ im Sinne von regional differenten Strategien der demokratischen Schulentwicklung, die sich an die vorfindlichen Gegebenheiten anpassen können.

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