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AG 2
"Handwerkszeug zur Pressearbeit"

Eine Reportage zu Arbeitsgruppe 2 von Domagoj Ratkovcic (Berlin)

Die vierte Gewalt im Staat: Presse als Träger der öffentlichen Meinung

Björn Richter, der Leiter des Worksshops "Handwerkszeug für Pressearbeit" - ist Vorstandssprecher der "Jugendpresse Deutschland". Dieser Verband ist gemeinnützig und wird von der Bundeszentrale für politische Bildung, dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und Sponsoren unterstützt. Die gesamte Jugendpresse arbeitet ehrenamtlich und funktioniert demnach nur, weil junge Menschen ihre Freizeit dafür einsetzen - also Zeit "stiften".

Bereits als Teilnehmer an der vorangegangenen Fish Bowl Talkrunde zum Thema "Wählen gehen?", stellte Björn Richter bereits seine Sachkenntnisse und Erfahrungen mit Medien unter Beweis. Als "vierte Gewalt" kommt ihnen eine gewichtige Rolle in der Demokratie zu.

Björn Richter, als Mitarbeiter der Ostsee-Zeitung und Organisator verschiedener Großveranstaltungen bereits früh journalistisch tätig, hatte mit seinen fünfundzwanzig Jahren keinerlei Zugangsschwierigkeiten zum jungen Publikum. Es waren zwölf junge Interessenten zu seinem Workshop erschienen, wobei allein zehn von ihnen weiblich waren.

Die Veranstaltung begann mit der Abfrage von Interessen und Wissenshintergründen, die die Teilnehmer mit sich brachten und erbrachte eine Fülle aus Erfahrungen bei Schülerzeitungen, bei einer Vereinszeitung oder gar im Verlag. Auch ein Vertreter der "Jungen Presse Berlin", ein gemeinnütziger Zusammenschluss der Berliner jugendeigenen nichtkommerziellen Medien, war dabei. Ihn interessierte vor allem, wie Pressekonferenzen zu organisieren sind. Andere Interessen bezogen sich auf professionelle Artikelgestaltung und die Berufsperspektiven als Journalist. Eine Teilnehmerin, verband mit dem Workshop Hoffnung auf Klärung ihrer Studienentscheidung. Das restliche Publikum bekundete eher allgemeines Interesse an der Thematik.

Der Leiter begann mit der Darstellung des Tagesablaufs eines Journalisten. Wie sieht der aus? Der Arbeitsbeginn um neun Uhr ist geprägt von intensiven Recherchen in Zeitungen, Pressemitteilungen, im Internet und per Telefon. Am frühen Nachmittag steht die Redaktionskonferenz an. Hierbei wird die Tageslage erörtert und der Chefredakteur organisiert die Aufgabenaufteilung. Dabei werden die möglichen Themen gesetzt. "Dies ist die Situation, die ihr aus der Werbung kennt, wenn der Chefredakteur des Focus, Helmut Markwort, ‚Fakten, Fakten, Fakten' fordert", meint Björn Richter lächelnd. Danach werden die Themen ausgearbeitet, intensiv recherchiert und es werden Fotografen beauftragt. Gegen Abend müssen schließlich die Artikel geschrieben werden, anschließend gleich zum Druck gehen. Die neuen Ausgaben können meist schon um zwei Uhr morgens verteilt werden. "Wie lange muss denn eigentlich ein Journalist pro Woche arbeiten und was geschieht bei Krankheit", interessiert sich eine junge Zuhörerin. Bei dieser Arbeit handelt es sich um einen "full-time-job", entgegnet Björn Richter, im Krankheitsfall müssen freie Journalisten einspringen.

Das Interesse mehrerer Teilnehmer an Berufsbreiten der "Medien", wurde perspektivisch diskutiert. Zunächst einmal wurde von einem Volontariat gesprochen, das eine zwei- bis dreijährige Berufsausbildung nach sich zieht. Danach wurden verschiedene Schulen genannt, wie z.B. die Hamburger Henri-Nannen-Journalistenschule, die Deutsche Journalistenschule in München und die Kölner Journalistenschule für Politik und Wirtschaft, die ihre Studenten anhand von Eignungstest selbst aussuchen. Wichtige Voraussetzung für den Berufsweg sind auch Praktika, die bei Sendern oder Verlagen absolviert werden können. Diese sollen immer glücklich sein über Praktikanten, meint Björn Richter, zumal man sich innerhalb solcher Institutionen durch engagierte Mitarbeit immer profilieren kann. Darüber hinaus untermauern verschiedene Praktika den persönlichen Werdegang und dienen den Redaktionen bei einer Bewerbung als Beweis, dass man kontinuierlich auf sein Ziel hingearbeitet hat. Letztendlich bleibt die Möglichkeit, Journalistik gekoppelt an ein Fachstudium zu studieren. Angesichts der schlechten Lage im Journalismus - die gegenwärtige Anzeigenflaute gilt hierfür als Indikator - sollte man sich allerdings nicht abschrecken lassen. Man sollte immer an seine Fähigkeiten glauben und sich viele Wege offen halten, meint der Jungjournalist Richter in Blick auf eigene Erfahrungen. Doch die Teilnehmer waren sich einig, dass die meisten Journalismusanwärter von der Berufslage tatsächlich abgeschreckt werden.

Der Schwerpunkt des Workshops wurde auf das Thema Pressearbeit gelegt. Dabei geht es um Terminankündigungen, Pressemitteilungen, Pressemappen, Presseeinladungen und Pressekonferenzen, die an die verschiedenen Redaktionen gerichtet sind. Besonderen Wert legte die Gruppe dabei auf die Ausgestaltung von Pressemitteilungen. Wichtigste Regel für das Schreiben einer Pressemitteilung ist: "Platz ist knapp, deshalb kurz fassen!" Das Erste, was dieser Regel zum Opfer fällt sind alle Füllwörter, die den Sinn der Aussage kaum präzisieren. Auch übertreibende Adjektive, die einer sachlichen Schreibweise im Wege stehen, erweisen sich als unnötig. Die Sätze müssen kurz, prägnant und übersichtlich sein. Man sollte daher auf einen Hauptsatz maximal einen Nebensatz folgen lassen. Darüber hinaus sollte man im Aktiv und nicht im Passiv schreiben. Die Verwendung von Zitaten unterstützt die Lebendigkeit des Textes. Bei einer Berichterstattung muss das Wichtigste immer zuerst stehen, da Artikel stets von unten nach oben gekürzt werden. Dabei müssen die berühmten "W's" verwirklicht werden: Was?, Wann?, Wer?, Wo?, Wie? und Warum? Diese "W's" sind außerdem in eine klare Gliederung zu bringen, um gegebenenfalls besser kürzen zu können. Doch auch technische Erfordernisse müssen beachtet werden. Von der Wahl der Schriftart, der Zeilenabstände, über die Verwendung eines wiedererkennbaren Briefkopfs bis hin zum Primat des Faxversands vor der E-Mail Nachrichten, war alles an Handwerkzeug geboten, was wichtig für Pressemitteilungen ist.

Erläutert wurde auch, welchen zeitlichen Vorlauf beispielsweise Terminankündigungen oder eine Presseeinladungen haben müssen. Als nächst höhere Stufe der Pressearbeit ist noch die Pressekonferenz zu nennen. Diese wird aufgrund ihres "Mehrwerts" veranstaltet, der durch Themen, Teilnehmer und Organisation erreicht wird. Die Teilnahme von Prominenz steigert einerseits die Medienwirksamkeit und andererseits sorgt sie für gute Fotos, die einen Artikel interessanter gestalten.

Das Ziel des Workshops war es, schließlich selbst zur Tat zu schreiten: Die Teilnehmer und Teilnehmerinnen sollten für ihre Projekte, die an der Ausschreibung des Förderprogramms beteiligt waren, eine Pressemitteilung schreiben. "Gutes tun und darauf aufmerksam machen" sollte das Leitmotiv sein, anhand dessen der Bezug zur Öffentlichkeit geübt wird. Da jedoch die Zeit aufgrund der Ausführlichkeit des Vortrags weit fortgeschritten war, scheiterte dieses Unternehmen am Unwillen des Publikums. Nichtsdestotrotz verfehlte diese Veranstaltung ihre Wirkung nicht. Das Wissen und die Erfahrungen des Leiters stießen auf dankbare Ohren.

 
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