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"Jena unterm Hakenkreuz" – Ein Stadtspaziergang

Wenn auch nicht bei optimalen Wetterbedingungen, aber dennoch sehr gespannt treffen wir uns mit Frau Barten am Markt von Jena, um unsere Stadtführung zu beginnen. Unsere Expertin für den Stadtrundgang hat ihren Magister unter anderem in Geschichtswissenschaften absolviert und war somit bestens gerüstet dafür, uns vom Geschehen in Jena zur NS-Zeit zu berichten. Vor allem konnte sie kompetent auf unsere Fragen ausführlich antworten.

Vor Ort veranschaulicht uns Frau Barten Ereignisse in Jena, die vor mehr als 65 Jahren geschahen, auf beeindruckende Weise. Sie belebte immer wieder unscheinbar wirkende Orte durch die scheinbar kleinen, dennoch erschreckenden Geschichten. So erzählte sie uns beispielsweise von einer jüdischen Familie, die am Markt ein sehr beliebtes Kaufhaus zu Anfang des 20. Jahrhunderts führte. Wir erfahren vom Zwangsverkauf, von der Deportation und von den Familienschicksalen einzelner jüdischer Familien, an die heute durch die "Stolpersteine" erinnert wird. Der Nationalsozialismus – das wird schnell klar – war eben überall, es war Terror vor Ort!

Ebenso klärt uns Frau Barten über die Jenaer Variante der Bücherverbrennung auf, die auf dem städtischen Marktplatz stattfand. Anschließend besuchen wir das alte Universitätsgebäude, wo unsere Expertin das Jenaer Studentenleben zu NS-Zeiten schildert. Sie informiert uns über die Verbreitung nationalistischer Ideologie und Überzeugung sowohl unter den Studenten als auch unter den Professoren. Erneut wird auch deutlich, dass der Namensgeber der einzigen großen Volluniversität in Thüringen, der Aufklärer und Freiheits-Freund Friedrich Schiller, in der Nazizeit zum Patron der Universität gemacht worden ist. Eine historische Entfremdung, mit der sich die Universität in den letzten Jahren immerhin auseinandergesetzt hat.

Darüberhinaus werden wir auf Gebäude und Teile der Stadt Jena aufmerksam gemacht, die zum Teil stark durch die Bombardierung im Zweiten Weltkrieg zerstört wurden. So schauen wir auf die Stadtkirche St. Michael, die zu weiten Teilen beschädigt wurde und erst jetzt – zwanzig Jahre nach der deutschen Einheit, wieder ihre ursprüngliche Gestalt zeigt.

Abschließend führt unser Stadtspaziergang zum neuen Universitätscampus am Ernst Abbe Platz. Vor Ort erfahren wir von der Geschichte des Carl Zeiss Werkes und dessen Bedeutung für die Rüstungswirtschaft des Dritten Reichs. Das Erschrecken über die Verwicklungen einer solchen Kultur- und Wirtschaftsstadt wie Jena in die nationalsozialistische Herrschaft bleibt am Ende doch sichtbar!

 

(Nicole Jülich, 06. Juni 2012, Jena)

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07.06.2012 (DI)

 
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