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Workshop 12 | Bericht

Miteinander handeln – demokratisch handeln

Ein erlebnispädagogischer Workshop

"Was hat Klettern mit Demokratie zu tun?", diese Frage stellten sich zunächst einige Teilnehmerinnen und Teilnehmer des erlebnispädagogischen Workshops, als sie erfuhren, dass sie an diesem Tag an der Kletterwand aktiv sein werden. Zwölf an dieser Aktivität interessierte Menschen versammelten sich am Freitag in der Jenaer IMAGINATA, um bei dieser Facette der "Lernstatt Demokratie" mitzumischen.

Üben, sich aufeinander verlassen zu können

Gleich nach der durch eine Meditation geprägten Runde des gemeinsamen Tagesbeginns ging es Richtung Kletterhalle, die auch in den Räumen der IMAGINATA durch die Jenaer Gruppe des Deutschen Alpenvereins ihren Ort gefunden hat. Unter der Anleitung von Kirsten Sünneker und Peter Voß, die in Münster als Lehrer und Sozialarbeiter an einer Hauptschule aktiv sind, ging es nach kurzer Einführung auch schon an die Kletterwand. Fix wurden Teams von je drei Personen gebildet, und dann wurde es ernst.

Bevor aber der Erste seine Füße an die Wand pressen konnte, wurden noch kleine Vertrauensübungen innerhalb der Teams durchgeführt. Dazu musste sich ein mutiger Teilnehmer auf einen Hocker stellen und sich dann in die Arme der Teamkameraden fallen lassen. "Je höher der Hocker ist, desto mehr muss man den Gruppenkameraden vertrauen", sagt Peter Voß und beobachtet das Geschehen aufmerksam.

Nach einigen Stunden des Kletterns versammelten wir uns wieder in einem Kreis, in dem die Impressionen und Gefühle zur Gruppenarbeit ausgetauscht wurden. Es war schön mit anzusehen, dass es trotz der Teams keine abschottende Gruppenbildung gab. Alle Teams haben sich miteinander vermischt und zusammengearbeitet. Man half sich gegenseitig bei den verschiedenen Sicherungsknoten, unterstütze den ein oder anderen beim Sichern oder gab dem Kletternden Hilfestellungen von unten. Das gegenseitige Anfeuern gefiel der gesamten Gruppe. Sofern einer von uns mal nicht weiter wusste, konnte er sich auf die Hilfe der anderen verlassen. Fast alle kamen oben am Ziel der Kletterwand an. Dies geht aber nur, wenn man seinem Partner vertraut. Wir haben dabei gelernt: Niemand kann ohne einen verlässlichen Partner allein so weit kommen.

Und wir haben weiter gelernt: Demokratie hat ganz viel mit Vertrauen und Verlässlichkeit zu tun. Wer jemandem vertraut, der kann ihm auch Verantwortung übergeben. Bei einer funktionierenden Demokratie muss jeder Verantwortung übernehmen. Jeder muss sich für die bestehende Demokratie einsetzen. Und das hat viel mit Courage zu tun. Courage bedeutet Mut. Und Mut braucht man auch beim Klettern. Wir haben das ganz handfest bemerkt: Man muss seinen "inneren Schweinehund" überwinden um sich in diese Höhen zu trauen. Und dies geht nur in einer starken Gemeinschaft. So banal es klingen mag, so elementar ist der entsprechende Rückschluss: Alleine kann man keine Demokratie gestalten.

Sicherlich trägt das Klettern nicht zu mehr Demokratie bei, aber es veranschaulicht in einer besonderen Form Grundlagen der Sozialität und des Handelns in Gruppen. Wir können sagen, hier wurde das Wunschbild einer Demokratie gelebt. Jeder verstand sich mit Jedem, ohne ihn vorher gekannt zu haben. Egal welchen Bildungsstand, welche Herkunft, welches Alter – jeder wurde vollkommen integriert. Verschiedenste Generationen arbeiten Hand in Hand. So war in dieser Phase für uns der Lerneffekt mit Händen zu greifen!

Wer vertraut, kann Brücken bauen, Hindernisse überwinden

Und es ging noch weiter: Auch im nächsten Teil des Workshops wurde Demokratie gelebt: Nach einer kurzen und schmackhaften Mittagspause versammelte sich die Gruppe in einer anderen großen Halle. In dieser sollen wir eine Seilbrücke über einen imaginären "Salzsäure-See" konstruieren. Schon allein die Idee eine Brücke zu bauen empfanden wir als treffliches Symbol für eine ständige Anforderung an die Demokratie.

Erneut bekamen wir eine knappe Einführung von den zwei Gruppenleitern und schon wurden wir mit unserer Aufgabe allein gelassen. Denn wir sollen das Problem in der Gruppe lösen. Dazu muss man konfliktfähig, aber auch ideenreich sein. Diese zwei Punkte sind auch ganz wichtige Faktoren für eine funktionierende Demokratie. Jeder kann seine Meinung haben und sie vertreten. Aber man muss auch andere Meinungen und Ideen respektieren können. Denn die Lösung unserer Aufgabe lebt ebenso wie die Demokratie von Vielfalt, Unterschied und dem Vergleich der differenten Lösungsvorschläge. Nur aus unterschiedlichen Ideen kann die beste herausgesucht werden.

So standen wir also vor unserer Aufgabe. Zunächst hörten wir uns die Meinungen aller Gruppenmitglieder an und wägten ab – ein Hin und Her des Argumentierens. Als wir dann beschlossen, dass wir aus den Seilen einfach eine Seilbahn von einem Mast zum anderen spannen könnten, konnte jeder seine Stärken zur Geltung bringen. Jemand der gut feste und sichere Knoten knüpfen kann, kümmerte sich um die Anbringung der Seile. Derjenige, der klein und mutig ist, konnte die Funktionsprüfung der Seilbahn durchführen. Und so ging es weiter, bis schließlich jeder und jede seine eigene passende Aufgabe hatte. Alle tun das, was sie jeweils am besten können. Dabei lernt jeder für sich noch etwas von seinem Partner. Somit kommen wir alle zu mehr Kompetenzen. Alle zwölf Mitglieder hatten etwas zu tun und wurden in die Arbeit integriert.

"Eine Demokratie kann nur funktionieren, wenn jeder Mitmachen kann."

Das stellte plötzlich ein Gruppenmitglied fest: "Eine Demokratie kann nur funktionieren, wenn jeder Mitmachen kann". Genau das ist der Sinn dieses Workshops, das wurde mir jetzt deutlich und klar! Man soll erkennen, was Demokratie eben ist und was sie bedeutet, gerade im Alltag des Umgangs mit anderen und verschiedenen Menschen. Dieses Ziel wurde in unserer Gruppe vollkommen erreicht. Jeder Teilnehmer und jede Teilnehmerin wusste danach, wie weit gefächert die Demokratie sein kann. Spätestens nach einer Schatzsuche mithilfe eines GPS-Geräts war allen klar, was Klettern, Seilbrücken und Schatzsuchen mit Demokratie zu tun haben: Demokratie funktioniert nur in einer Gemeinschaft, die sich vertraut und akzeptiert. Die erlebnispädagogischen Spiele veranschaulichten dies auf eine beeindruckende Art und Weise. Für uns alle war am Ende des Workshop-Wochenendes klar: Miteinander handeln bedeutet demokratisch handeln.

(Jena/Apolda, 05.07.2009, Steffen Wunderlich)

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