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Workshop 07 | Bericht

Was ist los in der Schule? Eine Plakatkampagne

Natürlich war die Struktur des Workshops zunächst durch den engen Zeitrahmen - eine kurze Vorbesprechung am Donnerstag, die Arbeit dann am Freitag von 9 bis 18 Uhr mit einer Unterbrechung zur Mittagspause - bestimmt. Sie wurde ferner geprägt durch die Tatsache, dass die Workshop-Teilnehmerschaft nicht alleine zum Arbeiten (bei bestem Wetter) in Münster waren, sondern vor allem um ihren Erfolg als auswählte Projektgruppe zu genießen. Verblüffender Weise waren aber die meisten der hier engagierten Jugendlichen dann doch bis weit nach 18 Uhr mit ihren Plakaten beschäftigt. 

Die Themen im Fokus von Schularten, Schulformen, Schulzugehörigkeit

Die einzelnen Gruppen konstituierten sich nach Schulzugehörigkeit, da es um Themen aus den einzelnen Schulen oder auch um eine Visualisierung der Probleme, die die Schüler in ihren Projekten angeschnitten hatten, gehen sollte. Die Arbeit innerhalb der Gruppen wurde kooperativ organisiert: Es gab sowohl Individualkompetenzen (wie z.B. Zeitnehmer) als auch gleichverantwortliche Gruppenarbeit in Diskussionen und bei den kreativ-schöpferischen Arbeitsphasen. Dabei wurden die Gruppen in der Phase der Ideenfindung und Konzeption von Moderator Ubbo Kügler beraten. Stets ging es darum, die von der Gruppe angestrebten Inhalte hervorzuheben. Es sollte vermieden werden, die Schülerinnen und Schüler von etwas zu überzeugen, was vielleicht nicht hätte in ihrem Sinne sein können. Ziel war die Stärkung der Gruppenintentionen, zumal es nicht ein festes Thema, sondern viele individuelle, sehr von einander abweichende Workshopthemen gab. Dieser Arbeitsansatz führte zu Diskussionen darüber, ob das gewählte Thema oder die erstrebte Gestaltung - also etwa Komposition, Farbe, Bild - plakatwürdig seien.

Mit den technischen Hürden eines komplexen Grafikprogramms wie in diesem Falle „Photoshop“, das nicht sonderlich intuitiv genutzt werden kann, gingen die Jugendlichen sehr eigenständig und ohne Schwellenangst um.

Die Computer bleiben zunächst aus.

Die Gruppen hatten sich schon am Donnerstag zusammengefunden und die Themen waren bis zum Freitagmorgen abgestimmt worden. Die Arbeit begann also direkt mit der Entscheidung  innerhalb der Gruppen, wer welche Funktion zu welchem Zeitpunkt haben sollte. Im Brainstorming wurde frei über Farben, Claims, eventuellen Logos und Images assoziiert. Die eine Gruppe kam zu komplexen Composings, die andere zu einer Bildersammlung und wieder andere zu Bilderreihen.

Im dritten Schritt wurden Konzeptionen und Scribblings zu Plakatkampagnen, bestehend aus mindestens zwei Plakaten gleichen Aufbaus unterschiedlichen Ausdrucks, präsentiert. Dies geschah kurz und sachlich.

Die Bildsuche - der erste Schritt am Computer - erwies sich (das war nicht anders zu erwarten) als zeitaufwändig. Diverse Bilddatenbanken standen hierfür zur Verfügung: Während bisweilen Kreativteams sich im Bilderwald ‘verirren’, geschah dies in diesem Workshop nicht. Jedes Team blieb bei seiner Vorstellung, was daran gelegen haben mag, dass es weniger um allgemeine Probleme und mehr um Inhalte ging, die einzelne Gruppenmitglieder direkt bewegten.

Überschriften prägen

Die Head- und Sublines wurden aus den Konzepten übernommen, den Bildern angepasst oder verworfen und neu entwickelt, um einer Kampagne gerecht werden zu können. Eine Einführung in die Typografie hätte den Rahmen gesprengt - wir gestalteten mit den in den Rechnern zur Verfügung stehenden Schriftsätzen. Logos wurden der Vollständigkeit halber kurz entworfen, sofern sie nicht schon vorhanden waren, und ‘eingebaut’.  Im Fokus stand die Plakatgestaltung, d.h. Aufmerksamkeit über eine konsistente, plakative grafische Gestaltung zu erregen.

Gute Ergebnisse - aussagekräftige Plakate

Zwar widerspricht es der kooperativen Arbeitsweise, starke Zeitlimits zu setzen. Andererseits ist  Ergebnisorientiertheit realistisch bzw. bildet ein Strukturmerkmal des Arbeitsalltags professioneller Grafik-Büros ab. Auch von daher gilt: Die Gruppen können stolz auf ihre Ergebnisse sein. Was wurde nun hergestellt?

Gruppe 01 litt an schlecht organisierten Parties. Die Workshopteilnehmer dachten zunächst darüber nach, ein ‘Party-Organisations-Komitee’ in der Schule zu fordern. Dann hatten sie ihre eigenen Vorstellungen, wie Feten auszusehen hätten und schließlich gingen sie voll in der Idee auf, die eigenen Partys plakativ zu bewerben.

Gruppe 02 ‘Tore öffnen’ widmete sich ganz der Plakatumsetzung des eigenen Projektes eines Fussballturniers der verbindlichen Art. Fotos und Logo hatten die Schüler schon mitgebracht. Das Composing - der Schriftzug auf den Trikots - war die rettende Idee.

Gruppe 03 griff Themen wie Ungerechtigkeit im Allgemeinen und Widersprüchlichkeit im Besonderen auf. Hier kam am wenigsten der inhaltliche Ansatz des diesjährigen Workshops zum Tragen: wäre das Thema enger formuliert worden, wäre höchstwahrscheinlich keine so allgemeingültige Plakatkampagne entstanden. Doch diese Kampagne macht deutlich, dass die Jugendlichen Themen diskutieren, die weit über ihre eigene Schule hinausreichen.

Der Ansatz von Gruppe 04 war zwar auch allgemeinerer Art, bezog sich schon in der Zwischenpräsentation jedoch stark auf Mängel in der Interaktion im sozialen Umfeld der eigenen Schule. Die daraus formulierten Imperative werden mit einer Forderung nach einer aus Schülern und Lehren bestehenden AG, die sich um die Arbeit an der Gemeinschaft kümmern soll, verbunden.

Gruppe 05 forderte ein Schulradio und bewarb dies auch gleich mit ansprechender Visualisierung.

Gruppe 06 beschäftigte sich ähnlich pragmatisch mit einer schnelleren Informationsverbreitung mittels E-Mail und SMS. Die Nachrichten sollten möglichst direkt an die Schüler gehen und sie mit neuesten Infos bezüglich des Ausfalls von Stunden etc. versorgen.

Themenvielfalt und Fantasie in der Gestaltung

Die Bearbeitung von Interessen, deren Artikulation und mögliche Stärkung oder gar Durchsetzung hängt in unserer von Werbung und optischen „Märkten“ geprägten Gegenwart stärker, als mancher kritische Geist dies wahrhaben möchte - von gelungener Präsentation, pfiffigen Schlagzeilen und einem dem kulturellen Kontext möglicher Zielgruppen verwandten Darstellungsansatz ab. Diesem marktförmigen, gleichwohl dennoch fantasieanregenden und schöpferischen Tatbestand konnte die Workshop-Gruppe mit Ideenreichtum und einem lebensraumnahen Themenspektrum entsprechen. Grafik ist eben mehr als früher: Nicht mehr nur alleine Produktwerbung in einem materiell dominierten Markt, sondern Gestaltungselement und Teil des Stimmenvielfalt im Feld der öffentlichen Interessen, ihrer Vielfalt und ihrer Konflikthaftigkeit. Grafik im modernen Medium auch und gerade der EDV-System-gestützten schöpferischen Arbeit ist Teil der demokratischen Öffentlichkeit. Die Jugendlichen in Münster haben hier schon ganz patent mitgemischt! (Düsseldorf/Münster/Dortmund, 27.6.2008, Ubbo Kügler unter Mitarbeit von Wolfgang Beutel)

 
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