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Vom Bierkrieg zur akademischen Bieranstalt - Ein Wettbewerb im Wettbewerb

Etwa 30 Lernstatt-Teilnehmer begeben sich auf eine Rally nach Informationen zur Geschichte und kulturellen Besonderheiten der Stadt Münster. Geführt durch drei einheimische Referendare und deren Fachleiterin vom Studienseminar Recklinghausen erkunden sie bedeutende Orte der Innenstadt: Das geht vom St. Paulus Dom über das Kuhviertel mit der ältesten Studentenkneipe Münsters, der „Cavete“, bis hin zum Kiepenkerl auf dem Spiekerhof. Wie einst die Tragekörbe des reisenden Händlers, dessen Standbild seit 1895 in Münster steht, enthalten auch die Rucksäcke der Stadtführer kulinarische Köstlichkeiten der Umgebung, die von der Gruppe probiert werden dürfen: Schinken, Schnaps und Pumpernikel. Neben diesen willkommenen Erfrischungen beeindrucken die jungen Referendare auch durch ihre linguistischen Exkurse in den Münsteraner Dialekt und die unter anderen an das Jiddische angelehnte Geheimsprache Masematte. Dass diese unvollständige Sprache nicht sehr anerkannt war, kann die Gruppe leicht nachvollziehen, da vor allem Gauner und Hausierer in dieser Mundart sprachen und sich die meisten Begriffe auf Dinge beziehen, die man verbergen wollte: Diebstahl, Betrug und Geschlechtsverkehr. Man weiß, dass die Sprache aus dem Rotwelschen, dem Jiddischen und den Sprachen der Sinti und Roma sowie mit westfälisch-niederdeutschen Elementen verschmolz. Masematte wurde zur Sprache in den Vierteln der Arbeiter, der Armen und der Unterschichten und diente dort auch als „Geheimsprache“, die Außenstehende von der Kommunikation ausschloss – die Fülle der Aspekte von Ausgrenzung, Minderheitenkultur, Diskriminierung aber auch kultureller Stärkung einer Minderheit wird sofort sichtbar. Masematte ist also auch ein lokal geprägtes Element für politische Bildung und demokratische Erziehung gerade in Münster, könnte man sagen!

Vor der Lambertikirche, von der des Nachts noch immer ein Türmer die Stunden bläst, klingt der Stadtspaziergang aus. Die Teilnehmer füllen mit den Informationen zu den Käfigen der Wiedertäufer die letzten Lücken in ihrem Arbeitsblatt und wissen nun bestens Bescheid, wer sich hinter dem „Löwen von Münster“ (ein Münsteraner Bischof) verbirgt, wie der Bierbrauer Pinkus Müller zu seinem Namen kam und was die durstigen Münsteraner 1895 dazu veranlasste, mit ihren Bierkrügen nach den Ordnungshütern zu werfen. Die vier aufmerksamsten Zuhörer werden von den kreativen Stadtführern am Abend mit einem Münsteraner Andenken belohnt – eine Miniatur-Leetze (schon wieder ein Wort aus der Masematte)! Man kann also auch Stadtspaziergänge im Wettbewerb Demokratisch Handeln wettbewerbsartig gestalten – eine gute Idee! (Münster/Jena, Juni 2008, Susanne Kaufhold)

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30.06.2008 (MF)

 
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