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Ergebnisse, öffentliche Anerkennung und ein mahnendes "Zukunftsgespräch – der Abschluss

Bei der Abschlussveranstaltung am Montagvormittag zeichnete Thomas Rachel, Parlamentarischer Staatssekretär im BMBF, die talentierten Jugendlichen für ihre herausragenden Leistungen aus, die sie in Wettbewerben wie Jugend forscht, Treffen junger Musikszene, Demokratisch Handeln , aber auch durchaus bei vom BMBF gar nicht direkt geförderten Wettbewerben wie dem Bundeswettbewerb zur politischen Bildung und dem Geschichtswettbewerb der Körber-Stiftung, gezeigt haben. In diesem Jahr waren etwa 25 Wettbewerbe vertreten.

Diese Abschlussveranstaltung – wieder im TIPI am Kanzleramt – hat einen guten Eindruck von der Lebendigkeit der Wettbewerbsszene ebenso wie von der Intensität des Workshop-Tages am Sonntag gegeben. Vielfältige musikalische Talente wurden sichtbar wie etwa der Sieger des Bundeswettbewerbs Komposition, der 12-jährige Parvis Heijazi, der sein eigenes Werk "Chaconne und Fantasie" mehr als virtuos vorgetragen hat. Er hat angelegentlich seiner Vorstellung allerdings auch die musikalische Unbedarftheit des durch den TdT führenden Radio-Moderators Stefan Rupp prägnant offenbart –der weder den jungen Pianisten im Komponisten, noch den assistierenden Notenblatt-Begleiter vom spielenden Pianisten unterscheiden konnte. Nun hat Rupp die kleine Lehrstunde, die er bei der Gelegenheit von diesem bemerkenswerten jungen Mann erhalten konnte, durch seinen abschließenden fast schon virtuosen Vortrag des Chansonklassikers "Über den Wolken" wieder mehr als wett gemacht – das Publikum folgte ihm im Refrain begeistert.

Abseits dieser Präsentationen wurde bei der Urkundenübergabe sichtbar, wie bedeutsam für die Schülerinnen und Schüler aus den Wettbewerben Formen der öffentlichen Anerkennung ihrer besonderen Leistungen sind: Pressefoto, die Präsenz eines Politikers und die durch Logo und Widmung des Tags der Talente einmalige "Einzeiger-Uhr", die jeder Schüler und jede Schülerin vom BMBF bekam, sind wertvolles und motivierendes Kapital!

Staatssekretär Thomas Rachel hat sich mit seiner Präsenz und seiner Begrüßungsrede inmitten der schulischen Praxiswelt sehr gut geschlagen – auch wenn unter den Gästen informell auch die Frage gestellt worden ist, weshalb auch in diesem Jahr Bildungsministerin Schavan vor Ort nicht eine Stunde Zeit für all diese symbolischen Ermutigungen finden konnte? Es wird Gründe gegeben haben – und dennoch liegt hier eine Stärkungsmöglichkeit für die Veranstaltung.

Wachstum und Wohlstand für alle – Ein Gegensatz?

Höhepunkt dieses Tages war zweifelsohne der zur Hälfte biografisch reflektierende und zur anderen Hälfte nachdenklich improvisierende Beitrag des Festredners Ottmar Edenhofer, Direktor am Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung und beim UN-Klimarat. Er hat überzeugend nicht nur die Dringlichkeit, sondern zugleich auch die duldsame Diplomatie fordernde weltweite politische Bemühung um die Begrenzung des längst stattfindenden Klimawandels verdeutlicht. "Irgendwann muss man mit dem Aufhören anfangen", sagte prägnant und die Ideologie stetigen Wirtschaftswachstums kritisierend ein junger Schüler. Edenhofer hat vorsichtig aufzeigen könne, dass die weltweiten Klimaverhandlungen ein solcher Anfang des Aufhörens sein könnte – wenngleich der Spalt zu dieser Tür zunehmend enger werde.

Er hat gewissermaßen nebenbei auch pädagogikkritisch gesprochen. Denn er hat auch gezeigt, wie wichtig für das Lernen individuelle Neugierde und eine herausfordernde Umgebung ist, die an die Stelle zentraler Evaluationsnormen eigenständiges Denken setzt: "Die Schule und die eigene Lernbiografie muss Ausprobieren, Wagnis, Fragen ermöglichen", so Edenhofer. Nicht nur die unumkehrbare Dringlichkeit der notwendigen Lösungen zur spannungsreichen Frage, wieweit sich wirtschaftliches Wachstum mit Umwelterhaltung verträgt, ob sich also Wohlstand und Nachhaltigkeit miteinander verbinden lassen, müsse uns alle umtreiben. Vielmehr müssten wir im Blick halten, dass sich in der Politik Wissenschaft und Wertorientierung miteinander ebenso verbinden, wie die Notwendigkeit, dass Wissen verständlich zu machen: "Die letzte Metasprache ist die Alltagssprache", zitiert Edenhofer den radikalen Sprachphilosophen Wittgenstein und bekennt sich zur pragmatischen Philosophie des großen Amerikaners John Dewey, für den Handeln, Erkennen und Lernen drei unauflöslich verbundene Seiten menschlichen Daseins sind.

So hat der Festredner ganz nebenbei die Feststellung von Staatssekretär Rachel in dessen Begrüßungsworten modifiziert, der davon ausgegangen war, "dass jede Gesellschaft Menschen benötige, die mehr wissen". Das dem am Ende so ist, wird keiner bestreiten – dass allerdings die Bemühung auch der Begabungsförderung sich dahin richten muss, möglichst alle Talente und Interessen gerade in der Schule individuell und variantenreich zu entfalten, das ist eines der konsensuellen Anliegen der Angebote und Akteure, die sich in der Arbeitsgemeinschaft bundesweiter Schülerwettbewerbe zusammengefunden haben und wozu der Wettbewerb "Demokratisch Handeln" auf seine Art gemeinsamer, bürgergesellschaftlicher Demokratieentwicklung einen Teil beizutragen versucht.

Den Tag der Talente wissen wir zu schätzen, dem BMBF gilt unser Dank – man kann ihm zu dieser Veranstaltung nur gratulieren! "Für meine beiden Schülerinnen war es eine tolle Erfahrung. Ich bin sicher, dass sie ihre Erfahrungen in die Klasse und das Schulleben einbringen", sagt Cläre Bordes von der Stadtteilschule Hamburg-Stellingen, die zwei Schülerinnen ihres bei Demokratisch Handeln" ausgezeichneten Projekts "Handy-Recycling" begleiten konnte.

Das Potenzial des "Tags der Talente" lässt sich möglicherweise noch weiter entfalten, denn er ist eine Bereicherung unseres Anliegens. Nun sind wir auf die achte Veranstaltung 2013 gespannt!

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(Wolfgang Beutel/Hella Sobottka, Jena/Berlin, September 2012)

30.09.2012 (DI)

 
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