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"Schule und Eltern aktiv für Toleranz und demokratisches Handeln" - Erfolgreiche Abschlussveranstaltung 2008 des Förderprogrammes für Berliner Grundschulen

"Zweifle nie daran, dass einige engagierte Menschen die Welt verändern können. Nichts Anderes hat sie je verändert!"

(Margaret Mead)

Was haben bunte Plastikröhren mit Gewaltprävention zu tun? Eigentlich nichts. In den Händen der "Boomwhackers" der Ludwig-Bechstein-Grundschule jedoch wurden sie zu einem Musikinstrument erster Güte, das erst im Zusammenspiel eines ganzen Teams seine Wirkung entfaltete. Die Tonhöhe durch verschieden Längen variierend, schlugen sich die Schülerinnen und Schüler die Rohre auf den Oberschenkel und es ertönte nach anfänglichem Durcheinander eine ungewöhnliche Interpretation des bekannten Popcorn-Songs. Solisten oder den oft persiflierten "Triangelspieler" gab es nicht, alle mussten zusammenarbeiten und höchst konzentriert auf die anderen Mitspieler achten, um die Aufführung nicht im Chaos versinken zu lassen.

Der begeistert beklatschte Auftritt der "Boomwhackers" war Teil der am 13. Januar 2009 im Wappensaal des Roten Rathauses in Berlin-Mitte stattfindenden Preisverleihung des Förderprogrammes 2008 für Berliner Grundschulen: "Schule und Eltern aktiv für Toleranz und demokratisches Handeln". Veranstaltet wurde der jährlich stattfindende Wettbewerb zum fünften mal von der Landeskommission Berlin gegen Gewalt in Kooperation mit der "Unfallkasse Berlin" (UKB), dem Förderprogramm Demokratisch Handeln und von der "Initiative Schutz vor Kriminalität" (ISVK). Die Landeskommission Berlin gegen Gewalt unterstützt mit dem Wettbewerb finanziell Projekte zur Gewaltprävention, die von den Kindern, Eltern und Lehrern ins Leben gerufen und umgesetzt wurden. In diesem Jahr gelang es sechs Berliner Grundschulen Preise im Wert von 500 bis 2500 EUR zu erringen. Moderiert wurde die Veranstaltung von Klaus Kommoß von der Landeskommission, die Laudationes hielten Staatssekretär Thomas Härtel und die Vertreter der mitwirkenden Organisationen, Herr Laßock (UKB) und Herr Wildenhein (ISVK).

Vor Beginn der Veranstaltung herrschte unter den jungen Preisträgern allgemeine Aufregung. Programmpunkte wurden ein letztes mal im Foyer geprobt und die Glasfenster mit den vielen Wappen der Berliner Stadtteile bestaunt. Dann  wurde es leise im Saal, gespannte Aufmerksamkeit breitete sich aus. Herr Kommoß betrat die Bühne und in Begleitung von lockerer Jazzmusik hieß er die Teilnehmer und Teilnehmerinnen des fünften Toleranz-Wettbewerbs herzlich willkommen. Er würdigte besonders das Engagement der Schülerinnen, die die Verleihung mit einer kulturellen Aufführung bereichern würden.

Nachdem der Chor der Schule am Grüngürtel mit dem Lied "Jugendliebe" – eine "Coverversion" des Schlagers von Ute Freudenberg – die jungen Teilnehmer auf die folgende Stunde eingestimmt hat, trat Staatssekretär Thomas Härtel an das Mikrofon. Er hob die Bedeutung der Gewalt-Präventionsarbeit hervor und unterstrich, dass mit dem Förderprojekt seitens der Politik ein kleiner "Beitrag zum friedlichen Miteinander" geleistet werde. Dabei appellierte er an die Eigenverantwortlichkeit der Schülerinnen und Schüler. Er lobte die Anwesenden dafür, dass ihr Engagement zum Gelingen dieses Zieles beiträgt. Für die finanzielle Unterstützung und die gute Zusammenarbeit dankte er den Vertretern der beteiligten Initiativen Herrn Gerd Wildenhein und Herrn Roll von der ISVK e.V., Herrn Laßok von der Unfallkasse Berlin und besonders Frau Hiltrun Hütsch-Seide vom Förderprogramm Demokratisch Handeln für ihre große Bereitschaft, die vielen Projekte zu begleiten und deren Ergebnisse in andere Schulen weiterzutragen.

 Es gibt drei dritte Preise...

Anschließend eröffnete er die Preisverleihung: Kanditatin Nummer Eins war die "Grips"-Grundschule. Aufgrund immer stärker werdender verbaler und auch körperlicher Gewalt einer Jungengruppe gegenüber dem Rest der Klasse entschied sich die Mutter eines neuen Schülers, ein Sozialtraining auf ehrenamtlicher Basis anzubieten. Dies führte schon nach kurzer Laufzeit zu deutlich sichtbaren Verbesserungen im Klassenklima. "Seitdem Du da bist, ist H.", gemeint ist einer der mobbenden Schüler, "richtig nett geworden", sagt ein Mädchen zu dieser engagierten Mutter. Da es dem Projekt derzeit an Finanzen mangelt, entschied sich die Jury das Engagement der Lehrer und Eltern mit einem Preis zu fördern. Die Schule "Am Wäldchen", die in Kooperation mit der Schulstation "Stachelbär" schon zum zweiten mal am Wettbewerb teilgenommen hat, gewann mit ihrem Projekt "Streiten Lernen – Konflikte Lösen" ebenfalls einen Preis. Das Geld soll helfen, die Schüler-Lehrer-Eltern-Arbeit zu intensivieren. Der dritte Preisträger, die  Ludwig-Bechstein-Grundschule, die mit ihrem Projekt "Klimawandel" schon seit 2005 dabei ist, möchte ihre Schülerbücherei erweitern. Grund hierfür ist der hohe Migrantenanteil der Schule. Ziel ist es, durch Lesen eine Sprachförderung zu erzielen, die wiederum Konflikten entgegenwirkt. Auch dieses Vorhaben zeichnete die Jury aus. Bei allen drei Preisträgern war der Stolz der Kinder unübersehbar. Zum Abschluss der ersten Runde boten die "Faustlos-Profis" der Scharmützelsee Grundschule eine sehr gelungene Pantomimen-Aufführung dar: Es ging um Gefühle. Donnernder Applaus folgte.

... und auch zweite ...

Daraufhin leitete der stellvertretende Geschäftsführer der Unfallkasse Berlin, Herr Laßok die zweite Runde der Urkundenvergabe ein. Dabei betonte er, wie wichtig es für die Unfallkasse Berlin sei, sich für Gewaltpräventionsprogramme stark zu machen. Es wäre eine "gesicherte Erkenntnis", so Laßock, dass an Schulen, an denen ein gutes und friedliches Klima herrsche, die Unfallrate deutlich niedriger sei als an anderen Schulen. Das erste gelungene Beispiel, das er vorstellte, war eben "Faustlos" der Scharmützelseeschule: Sie hatten in Eigenregie und durch Finanzierung des Schulfördervereins zwei Lehrer im Heidelberger Präventionszentrum zu "Faustlos"-Lehrern weiterbilden lassen. Der Grund für diesen Schritt waren unhaltbare Zustände auf dem Pausenhof. Über die Jahre hatten sich dort kleine Banden gebildet, die sich regelrecht bekriegten. Durch das "Faustlos"-Projekt konnte dieses Problem weitgehend gelöst werden. Die Unfallkasse sponserte einen 1000,- € Preis.

Dann kam der Trickfilm "Tanz der Gewalt", der eindrücklich zeigte, wohin die "Sprache der Fäuste" auf dem Schulhof führen kann. Zu Angst und Hass, zu Minderwertigkeitskomplexen und letzten Ende sogar zu ernsten körperlichen Verletzungen. Trotz der relativ abstrakten grafischen Umsetzung und sprunghaften Erzählweise zollten die Schülerinnen und Schüler dem Film ungeteilte Aufmerksamkeit und an ihrer Mimik war zu erkennen, dass nicht Wenigen das Gezeigte aus eigenem Alltag bekannt vorkommen musste.

... sowie erste Preisträger

Die dritte Runde der Preisverleihung wurde von Herrn Wildenhein von der Initiative "Schutz vor Kriminalität" e.V. (ISVK) moderiert. Auch er betonte, wie wichtig es sei, einzuschreiten, "bevor es Opfer gibt". Die ISVK, die in ihrer 25-jährigen Geschichte mehr als 350 Präventionsprojekte fördern konnte, finanziert sich zu großen Teilen aus den Bußgeldern von Straffälligen. "Gewalttäter bezahlen Gewaltprävention", so Wildenhein. Daher begrüßte er das Engagement vieler Berliner Schulen. So auch die "Hauptmann-von-Köpenick"-Grundschule. Sie hatte die Jury mit ihrem Projekt "Bewegte Pause" überzeugen können und bekam den Spitzenpreis zugesprochen.

Die Projektidee entstand durch Anregung der Kinder, die in den Stunden des "Sozialen Lernens" ihre Unzufriedenheit über die Hof- und Pausengestaltung geäußert hatten. Mit einem im Rahmen des Sportfestes organisiertem Spendenlauf konnten 6000 EUR gesammelt und den Schülerinnen und Schülern zur Selbstverwaltung übergeben werden. Daraus entwickelte sich ein Spielgeräteverleih der in Eigenregie verwaltet wird. Durch die sinnvolle, bewegungsorientierte Pausengestaltung läuft das Miteinander auf dem Schulhof jetzt weniger aggressiv ab und die Kinder übernehmen Verantwortung im gegenseitigen Umgang.

Bevor der letzte Förderpreis von Herrn Härtel übergeben wurde, konnten die "Boomwhackers" mit ihrer schon Eingangs beschriebenen Performance den lautesten Applaus der ganzen Veranstaltung für sich erringen.

Die Spannung blieb! Das zuletzt für den Spitzenpreis prämierte Projekt stammt von der Koorperationsschule "Am Grüngürtel". Ein zentrales Problem dieser Schule sind die kaum attraktiven, beengten, wenig altersgemäßen Beschäftigungs- und Rückzugsmöglichkeiten in den Pausen. Dieser Umstand erschwert das Miteinander der Schülerschaft erheblich. Um das Problem abzuschwächen entwickelten eine Arbeitsgruppe Ideen zur Umgestaltung des Pausenhofes, die unter anderem eine Erweiterung und ein Atrium vorsehen, eine Art umbauter Innenhof für Gruppenaktivitäten und Versammlungen. Damit diese kostenintensive Idee auch in die Praxis umgesetzt werden kann, fördert die Jury das Vorhaben mit dem zweiten Spitzenpreis.

We are the Champions

Am Ende der Veranstaltung dankte Staatsekretär Härtel allen beteiligten Schulen, vor allem aber den hoch motivierten Schülerinnen und Schülern, den engagierten Lehrkräften, den Eltern und allen beteiligten Organisationen. Einen besonderen Dank, sprach er dem Moderator aus. Durch sein viele Jahre währendes, ehrenamtliches Engagement habe er viel dazu beigetragen, dass Projekte wie die  vorgestellten unterstützt und teilweise erst ermöglicht werden konnten. Für seine Arbeit hat Herr Kommoß  2008 das Bundesverdienstkreuz bekommen.

Zum Ausklang der Abschlussveranstaltung sangen alle zusammen, wie auch im vorigem Jahr den berühmten Queen-Song: "We are the champions". Im Anschluss wurden, von der ISVK bereitgestellte Snacks und Erfrischungsgetränke gereicht, die alle Beteiligten mit Begeisterung entgegennahmen. "Nach so viel Aufregung habt Ihr euch das auch verdient. Guten Appetit und hoffentlich bis zum nächsten Jahr."

(Berlin, Georg Weichardt)

 
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