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Was verbindet: Kinderrechte und Demokratiepädagogik

Lothar Krappmann hat in seinem die Tagung abschließenden Vortrag die elementare Bedeutung der Kinderrechte für eine demokratiepädagogisch fundierte Bildungspraxis herausgestellt. Die Menschenrechte und v.a. die für die alltägliche Praxis schulischen Lernens wichtigen Kinderrechte sind aus Krappmanns Perspektive die für den Zugang zum Lernen elementare Basis. „Menschenrechte“, so Krappmann, „definieren die Bildung als Möglichkeit davon, dass die Kinder in der Schule ein Bewusstsein von Menschenwürde entwickeln können“, infolgedessen eine normative Orientierung und die Möglichkeit zur Anerkennung von Differenz für die Demokratie erwerben. Der Bildungsforscher und Soziologe ist seit 2003 als deutscher Repräsentant im UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes aktiv und hat sein Thema aus der Perspektive der praktischen politischen Erfahrung im Rahmen der UN beleuchtet, ohne die grundlegenden theoretischen Konzepte aus dem Auge zu verlieren. „Bildung ist ein großes Thema für die Menschenrechte“, so Krappmann, denn es gehe darum, endlich alle Kinder und Jugendlichen dieser Welt in eine gute Schule zu bringen. Der UN-Ausschuss hat bislang den Zeithorizont bis 2015 im Auge, wobei jetzt schon absehbar sei, dass rund 100 Länder Schwierigkeiten haben dürften, dieses Ziel zu erreichen. Diese entwicklungspolitischen Grundlagenforderung ist elementar, denn „der Mächtige kann auch das Elementare übergehen“, sagt der UN-Experte in Blick auf den  bisweilen nur unzureichend ausgeprägten politischen Willen zur Umsetzung des Kinderrechts auf Bildung.

In der Praxis des supranationalen politischen Prozesses, in dem sich der UN-Ausschuss engagiert, der zugleich „nicht bestimmen kann, sondern nur überzeugen“, bleibe aber nur das Grundlegende. Die Schule als emanzipationsförderliche Bildungsinstitution also ist aus der Sicht der praktischen UN-Politik im vollen Wortsinne „elementar“. Dabei ist den Akteuren im UN-Kinderrechts-Ausschuss klar, dass Menschenrechte und damit Kinderrechte nicht der Begründung, sondern v.a. der Anerkennung bedürfen und ihre Verwirklichung nicht Sache des einzelnen Staates, sondern der Staatengemeinschaft ist. Die Kinderrechte als Elementaria einer politischen Bereitschaft zur Verwirklichung von grundlegenden Menschenrechten seien aber nicht nur auf dieser politischen Ebene ihrer Anerkennung und des damit verbundenen praktischen Geltungsanspruchs berührt. Vielmehr gebe es auch eine in vielen – zudem auch in den entwickelten, modernen – Kulturen gängige Praxis ihrer Begrenzung und der damit verbundenen Diskriminierung von Kindern. Das gelte v.a. in Blick auf die Mädchen und auf Migrantinnen und Migranten in den jeweiligen Gastgeberländern.

Zudem gebe es vielerlei Formen indirekter Diskriminierung, die ganz praktisch Kinderrechte beschneiden. Davon werde durchaus auch der Lebens- und Bildungsalltag in Deutschland berührt. Krappmann erinnert an die der UN-Konvention der Kinderrechte widersprechende bundesdeutsche Praxis der Abschiebung von Asylbewerberkindern, deren Eltern keine Anerkennung erhalten. Er verweist darauf, dass die Bundesregierung im UN-Bildungspakt zwischen Deutschen und Ausländern in Blick auf die Reichweite von Rechtsansprüchen unterscheidet – auch hierin liege ein Verstoß gegen die UN-Kinderrechtskonvention. Man könne darüber hinausgehend mit guten Gründen „diskutieren, ob die in Deutschland gängige frühe Aufteilung der Kinder nach Leistungsgruppen im gegliederten Schulwesen gegen die Kinderrechtskonvention verstößt“, so eine weitere provozierende These des Referenten.

Lothar Krappmann verweist darauf, dass „die Menschen- und Kinderrechte eine Essenz von Schule sind, ihr eigentlicher normativer Kern, und nicht eine beliebige Ergänzung“. Deshalb ist Menschenrechtsbildung in modernen Schulen als curricularer Auftrag zwar hilfreich, aber keine praktische Garantie für eine Schule im Sinne der UN-Kinderrechtskonvention. Nicht der Unterricht in der Sache ist entscheidend, sondern die aufgeklärt-humane Qualität der Institution Schule im Sinne der alltäglich nachvollziehbaren Gültigkeit von Kinder- und Menschenrechten. Die Kinderrechte sind also, folgt man Krappmanns Argumentation, für die Schule als Institution elementar, weil Bildung zur Anerkennung und Verwirklichung von Menschenwürde unabdingbar ist. Umgekehrt ist zugleich die Schule in globaler Perspektive elementar für die Konkretisierung der Kinder- und Menschenrechte.

 
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