Direkt zum Inhalt springen

Sie befinden sich: Informationen » Veranstaltungen&Termine »

Seite 1, Seite 2, Seite 3, Seite 4

Demokratiepädagogik – Theoretische und schulpädagogische Überlegungen

Wolfgang Beutel gab am letzten Seminartag mit einem Referat "Demokratie als Schulqualität" eine theoriebasierte Untermauerung von Demokratiepädagogik. Er betonte, dass Demokratie und Demokratiepädagogik eine beständige Aufgabe der Schule in allen Fächern seien, da die Schule als Institution erziehe. Die theoretische Begründungsbreite von Demokratiepädagogik wurde in fünf Schritten entfaltet: 1. Integration und Differenz, 2. Differenzierung und Individualisierung, 3. Erziehung zur Demokratie aus Sicht der jüngeren Pädagogikgeschichte, 4. Praxisbeispiele sowie 5. Thesen zu Demokratiepädagogik als Schulqualität.

Schule sollte Demokratie als kulturelle Errungenschaft vermitteln. Hierbei sind Integration und Differenz von großer Bedeutung. Es sei Sache aller Lehrerinnen und Lehrer, konstruktiv und integrierend mit Individualität und Vielfalt in der Schülerschaft umzugehen, gleichzeitig aber auch nach individuellen Bedürfnissen und Fähigkeiten zu differenzieren. Demokratiepädagogik sei aktueller denn je angesichts einer weitverbreiteten Skepsis gegenüber Demokratie in Teilen der Bevölkerung. Gründe dafür, dass die Loyalität zur Demokratie leide, könnten in grundlegenden Entwicklungen der gegenwärtigen Moderne gesehen werden: In der Globalisierung mit ihren machtvollen Verschiebungen wirtschaftlicher und politischer Entscheidungsstrukturen sowie die ihr nachfolgenden Migrationsbewegungen, im enormen gesellschaftlichen und sozialen Wandel seit der deutschen Wiedervereinigung, in der Krise der Arbeitsgesellschaft und ihrer Vorstellung von Vollbeschäftigung, in der generationellen Entfernung und Entfremdung der heutigen Gesellschaft zur Gewaltkatastrophe des deutschen Nationalsozialismus sowie in einer sichtbaren Privatisierung von Gewalt, Kriegen und Terror.

Dies macht es erforderlich, demokratische Erziehung gerade auch in der Schule zu stärken. Hierbei seien Anerkennung von Differenz und Integration von Vielfalt voneinander abhängige Bestimmungen einer aktuellen Schulpädagogik.

Schulleistungsvergleiche wie PISA und IGLU haben nicht nur gezeigt, dass die Lernleistungen deutscher Schüler nur mangelhaft seien, sondern auch, dass in den Bundesländern, aber auch in unterschiedlichen Schulformen sehr verschieden mit Unterschieden in der Schülerschaft umgegangen werde.

Neben internationalen Schulleistungsvergleichen sollten die Ergebnisse der CIVICS-Studie alarmieren, die zeigen, dass die Erträge des deutschen Schulsystems im Bereich der demokratischen Handlungskompetenz kaum zureichend sind. Im internationalen Vergleich seien deutsche Jugendliche nur unterdurchschnittlich politisch engagiert. Sie seien weniger an schulischer Mitbestimmung interessiert und würden weniger außerhalb der Schule an politisch und sozial orientierten Gruppen teilnehmen. Internationale Vergleichsstudien zu Schulleistungen und demokratischen Einstellungen machen deutlich, dass die soziale Selektivität durch die Mehrgliedrigkeit des Schulwesens und der Halbtagsunterricht als zeitliche Begrenzung Hindernisse für die Demokratieerziehung darstellen. Gerade weil sich Demokratiepädagogik der einzelnen Schülerin und dem einzelnen Schüler zuwendet, sei sie geeignet, auf die Verschiedenheit von Lebenslagen der Kinder und Jugendlichen heute zu reagieren.

Dem Wandel der Entwicklungsbedingungen von Kindern und Jugendlichen könne eine Änderung des Unterrichts hin zu offenen Formen folgen, in dem Mitbestimmung, Entscheidungsmöglichkeiten sowie individuelle Förderungsmethoden zu Geltung kommen. In den Zusammenhang von Differenzierung und Individualisierung in der Schule gehöre auch, Lernen intensiv und individuell zu verstehen. Lehrer sollten die Verstehenswege von Kindern verstehen lernen und bei Leistungsbeurteilungen berücksichtigen. Aus Perspektive der Demokratiepädagogik sollte sich die Beurteilung von Lernleistungen an Verständnis und alleine an Produkten orientieren. Es stellt sich hierbei die Frage, inwieweit Leistungsbeurteilungen anhand der curricularen Bezugsnorm (Lernvorgaben) sinnvoll seien – Demokratiepädagogik verlange jedenfalls mehrperspektivische und an qualitativen Methoden orientierte Formen der Leistungsbeurteilung. Gleichzeitig sollten die Lebenswelten von Jugendlichen wahrgenommen und in den Unterricht einbezogen werden. Insgesamt ging es um eine partizipative Schulentwicklung.

Sodann wurden fünf Thesen zur Demokratiepädagogik vorgestellt. Erfahrungen aus dem Förderprogramm Demokratisch Handeln und dem BLK-Programm "Demokratie lernen und leben" verwiesen hierbei auf Elemente der Qualitätssicherung der Schule, auch im internationalen Vergleich. Erstens müsse die Lernpraxis Erfahrungsräume bieten, da Demokratie nur aus Erfahrung gelernt werden könne. Zweitens bieten Projekte Anlässe dafür, Demokratie zu lernen. Drittens gelinge Integration in die Gemeinschaft durch eine Kultur der Anerkennung. Viertens könne durch Demokratie in der Schule das Engagement gestärkt werden. Würden schließlich Bürgersinn, Toleranz und Zivilcourage in der Schule gestärkt, dann sei Demokratiepädagogik auch ein geeignetes Mittel, um gegen Gewalt vorzubeugen.

Der Wettbewerb Demokratisch Handeln – Ein Förderinstrument

Abschließend wurde der Wettbewerb "Demokratisch Handeln" vorgestellt und seine Förderinstrumenten skizziert. Das Förderprogramm wolle Schulen fördern und Entwicklungspotentiale von Schulen stärken. Jahreshöhepunkt ist dabei die Lernstatt Demokratie, die das nächste Mal vom 4. bis 7. Juni 2008 in Münster/Wf. stattfinden wird. Demokratisch Handeln bietet auf seiner Website (www.demokratisch-handeln.de) zahlreiche Serviceleistungen. So stehen für viele Bundesländer Regionalberater zur Verfügung, die Beispiele für demokratisches Handeln in der Schule aufsuchen, aber auch professionelle Unterstützung anbieten können. Weiterhin bietet die Website eine Datenbank, in der Kurzdarstellungen von allen über 3200 Projekten hinterlegt sind, die sich in den bisherigen 17 Jahren des Wettbewerbs beworben haben. Daneben bietet eine Bibliografie einen Überblick über Berichte aus Projekten, zu Schulentwicklung und zu Schulpädagogik. Zudem wurde auf die Deutsche Gesellschaft für Demokratiepädagogik (DeGeDe) als Plattform und Partner verwiesen, die ihrerseits die demokratiepädagogische Entwicklung des Schulwesens unterstützen möchte und sich bemüht, die Ergebnisse des im Frühjahr 2007 beendeten BLK-Programms "Demokratie lernen und leben" nachhaltig zu sichern.

weiter

 
 
© 2007 Demokratisch Handeln | Impressum