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"Demokratiepädagogik" am Daetz-Centrum im sächsischen Lichtenstein

Es war die zehnte Veranstaltung, die von der Sächsischen Akademie für Lehrerfortbildung (SALF) in Zusammenarbeit mit dem Förderprogramm Demokratisch Handeln im Frühherbst 2006 angeboten wurde – so darf wohl schon von einer Tradition gesprochen werden. Eine Tradition, bei der die staatliche Lehrerfortbildung des Landes Sachsen zusammen mit dem bürgerschaftlich getragenen Wettbewerb und Förderprogramm „Demokratisch Handeln“ Lehrerinnen und Lehrer aus sächsischen Schulen zusammenruft, um über Erfahrungen, Stärken, Entwicklungskorridore, aber auch Grenzen und Hemmnisse demokratiepädagogischer Arbeit zu diskutieren. Ja, weiter noch: Zu Perspektiven der Fortführung, Verbesserung, Weiterentwicklung bis hin zur Dokumentation und Einsendung von Schulprojekten beim Wettbewerb zu kommen.

Die SALF-Tagungen: Ort der Tradition

Tradition ist dabei auch die ungewöhnliche Arbeitsform, die ganz grundlegend von vorliegenden Projekterfahrungen und Projektarbeiten ausgeht, welche von den Kolleginnen und Kollegen mitgebracht und vorgestellt werden und damit alle Teilnehmer zu Mitverantwortlichen für das Gelingen und die Ergebnisse macht. Tradition meint aber auch die Einbeziehung von Kollegen aus Bremer Schulen mit Projekterfahrungen, die eine intensive demokratiepädagogische Arbeit skizzieren können und in ihrer Varianz, aber auch Ähnlichkeit für alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer interessante Bedingungen schulischen Projekthandelns vorstellen. Tradition ist schließlich der Wechsel bei den Tagungsorten. War die SALF-Tagung bei ihrem Beginn noch in Schloss Hohenpriesnitz bei Leipzig angesiedelt, ist man zur Jahrtausendwende mit dem Umzug   der SALF in Schloss Siebeneichen bei Meißen angekommen. Vor zwei Jahren im Bildungszentrum in Niederbobritzsch nahe Dresden, trifft man sich in diesem Jahr im sächsischen Lichtenstein – zwischen Zwickau und Chemnitz – im Holzkunst- und –kulturzentrum der Daetz-Stiftung. Was hat uns der Tagungsauftakt gezeigt?

Heterogene Teilnehmerschaft – verschiedene Erwartungen, unterschiedliche Erfahrungen

Nach einem eröffnenden Gespräch, in dem der Bremer Kollege Wolfgang Liesigk das Projekt „8. Mai 1945 – 60 Jahre Kriegsende und Befreiung vom NS-Regime“ aus verschiedenen Perspektiven knapp vorgestellt hat, werden sofort Anknüpfungspunkte für die Erfahrungen der Schulen aus Sachsen sichtbar. Liesigk betont, dass die Schülerinnen und Schüler „... aktiver waren, als in der normalen Schule; dass die Dringlichkeit, die uns die Generationenfrage und die Zeit auferlegt, wenn wir noch mit den letzten lebenden Zeitzeugen des Nationalsozialismus sprechen wollen“, ein Motiv für das Projekt gewesen sei. Letztlich unterstreicht auch Wolfgang Liesigk die Außenwirkung, die Projekte mit Grundlagenthemen von Politik und Demokratie haben und deren Bildungswert in Blick auf das Nachdenken über die Demokratie. Zugleich macht er deutlich, dass Projekte in diesem demokratiepädagogischen Sinne nicht als kleinere, Abwechslung in Methode und Didaktik bringende Ergänzungsveranstaltungen zur Schule verstanden werden sollen. Vielmehr wird ein demokratiepädagogisches Projekt, so der Bremer Gesamtschullehrer, „... die ganze Schule einbeziehen und bekommt damit eine appellativeund letztlich politische Form: Projekt ist nicht gleich Projekt!“, so die qualitätsfordernde These!

Doch zunächst geht die Debatte auch um unterrichtliche Formen – naheliegenderweise kommt das Fach zur politischen Bildung in den Blick, in den Schulen Sachsens also die „Gemeinschaftskunde“. In der nachfolgenden Diskussion hat sich dann schnell gezeigt, dass „Demokratiepädagogik“ mehr ist und anderes als Politikunterricht alleine, wenngleich sie strukturell auf ihn bezogen sein muss. Als wichtige Bestandteile einer solchen pädagogischen Praxis werden z.B. Partnerschulen genannt – sichtbar bei einem Projekt einer Schule in Crimmitschau mit einer Aachener Schule – und externe Unterstützer wie die „Stiftung Denkmalschutz“ oder auch andere fachliche Expertise aus dem öffentlichen und bürgergesellschaftlichen Raum. Grundlegend für eine andere Lernpraxis sind offensichtlich Ortswechsel, in der eigenen  Kommune oder auch darüber hinaus. Doch ist schnell auch die Rede von Hindernissen im Bereich der Schulorganisation und der Finanzierung außergewöhnlicher Projektideen: „Größtes Hindernis sind oft bspw. Freistellungen“, so wird berichtet. Aber auch von der Herausforderung, „... die Organisation von Projekten mit dem laufenden Unterricht in Verbindung zu bringen“ ist die Rede.

In der Förderschule Riesa wird ein Projekt durchgeführt, dass die Themen und Herausforderungen der Arbeit, der Freizeit mit den sozialen Elementen des Lebens im Alltag vermittelt und darauf zielt, den Schülerinnen und Schülern Selbstständigkeit und Möglichkeiten zur Lebensgestaltung im Alltag zu gewähren. Die Kollegein Benelli aus Ravenna wiederum hat sich eigens aus dem Süden Europas auf den Weg gemacht, um mit Grundfragen einer zeitgemäßen Schulpraxis bei dieser Fortbildung konfrontiert zu werden. Sie berichtet von Eingangsklassen in ihrer italienischen Schule, die – wie auch in Deutschland – durch Multikulturalität, verschiedene ethnische Hintergründe und einer entsprechenden großen pädagogischen Herausforderung für den Schulalltag geprägt sind. 

„Demokratiepädagogik“ ist präsent – von Anfang an

Allemal gelingt der Tagung ein Start, der in gewisser Weise „mehrdimensional“ ist. So vermissen auf der einen Seite die Teilnehmerinnen und Teilnehmer noch die klare Vorgabe, das umfassende Konzept einer „Demokratiepädagogik“, die kriterial und begrifflich eindeutig sein soll. Auf der anderen Seite ist auffällig, wie schnell in grundlegende Aspekte einer schulischen Lernpraxis vor dem Hintergrund bestehender Erfahrungen hinein diskutiert wird, die zielstrebig in Problem-, Handlungs- und Aufgabenfelder der schulischen Gemeinschaft und einer Lebens- und Lernpraxis der Schülerschaft hineingreift, zu der Mündigkeit und Selbstbestimmungsfähigkeit unhintergehbare Voraussetzungen sind: „Demokratiepädagogik“ pur gleich zu Beginn!

(Wolfgang Beutel, Jena)

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