Direkt zum Inhalt springen

AG 5
"Wie mache ich gute SV-Arbeit"

Eine Reportage aus Workshop 5 von Paula Pinto (Berlin)

Eine dynamische, motivierende und durchführbare SV-Arbeit - ist das möglich?

Marco Meyer. Mitglied im Projekt "Schüler machen Schule" sieht die Schülervertretung (SV) als "… eine Möglichkeit, die Interessen von Schülern zu stärken und die Schule so zu gestalten, dass Schüler dort gerne Lernen und Leben." Eigentlich ist das eine selbstverständliche und sofort einleuchtende Aussage, mit der Jeder im Prinzip einverstanden sein müsste. Doch so, wie sich mir diese Arbeitsgruppe präsentierte, ist diese so scheinbar offensichtliche Idee in der Realität gar nicht so einfach umzusetzen. Die in der Arbeitsgruppe teilnehmenden Schüler, alle Mitglieder einer SV, waren auf der Suche nach einem System, nach greifbarer Handhabe, um ihre SV dynamischer, motivierender und vor allem durchführbarer zu gestalten.

Ausgangspunkt: eigene Schulerfahrungen mit SV-Arbeit

Der Moderator, zugleich Gruppenleiter aus der Landesschülervertretung Berlin, gewann von Anfang an das Interesse der Anwesenden, indem er eine Art Trailer vorstellte, der fast alles auflistete, was in den zwei Workshop-Stunden mit der Teilnehmerschaft diskutiertw erden sollte. Alle Ideen regten die Neugier der Schülerinnen und Schüler an. Der erste Schritt unserer Arbeit war es denn, die Stärken und Schwächen der teilnehmenden Schülervertretungen zu erkennen. So identifizierten sich die Schüler automatisch mit der Arbeitsgruppe und konnten anhand eigener Probleme die theoretischen Überlegungen, welche Marco nun zur Diskussion stellen wollte, verstehen und akzeptieren. Um diese kurze "SV-Analyse" zu gestalten, wurden vier verschiedenen Kategorien aufgestellt die denn Schüler helfen sollten ihre aktuelle Lage zu erkennen:

  • Satisfactions: Was läuft gut in meiner SV?
  • Opportunities: Hier sind unseren Chancen!
  • Faults: Wo haben wir Probleme?
  • Threats: Hier müssen wir aufpassen!

Alle Teilnehmer wurden entsprechend aufgefordert, auf einem Zettel die Argumente pro, die Argumente contra, die Ängste und die Chancen, von denen jeder in seiner SV wußte, aufzuschreiben und danach der Gruppe vorzustellen. So entstand schnell ein interner Ideen- und Meinungsaustausch über die verschiedenen Problemfelder, die SV-Arbeit im Alltag prägt. Bei den so zusammen getragenen Erfahrungen mit der SV stellte sich heraus, dass die meisten vor allem und zuerst ihre Schwächen erkannten. Ein Beispiel: fehlende Kommunikation und Engagement in der Gruppe, keine Kooperation von Seiten der Schüler, vor allem aber wurde immer wieder die fehlende Motivation genannt.

Das Thema der Motivation wurde von mehreren Seiten her diskutiert, da viele Schüler in eine SV eintreten um "Macht" zu erwerben, doch kurz danach das Interesse an der Arbeit verlieren. Andere Schüler haben wiederum Interesse an der Arbeit der SV, trauen sich aber nicht teilzunehmen, da sie sich dann als "Streber" außerhalb der Erwartuzngen ihrer Peer-Gruppen sehen. Alle diese durch individuelle Erfahrungen geprägten SV-Argumente wurden vom Moderator abgewogen, diskutiert, aber auch in pragmatischer Perspektive kommentiert: "Motivierte SVler kann man nicht im Versandkatalog bestellen.". Motivation kommt also nicht von selbst, sondern nur wenn Inhalt, Struktur und Methode funktionieren. Und dennoch: mmeist braucht man die Motivation als allererstes.

Doch fanden alle Teilnehmer auch positive Ansätze bei ihrer SV. Zum Beispiel: eine gute innere Struktur, motivierte Teilnahme der Schüler an SV-Fahrten oder Tagen, etc.. Die Opportunities und Threats ähnelten sich bei den meisten SVs, alle wollten wissen wie sie ihre SV in Form bringen konnten, und wie sie die richtigen Ziele finden könnten, und vor allem wollten alle ihren Mitschülern zeigen wie wichtig und wirkungsvoll eine Schülervertretung sein kann.

SV-Arbeit: Geschichte, Wahlen, vernünftiger Umgang mit Mitbestimmung in der Schule

So gelangte Marco zum theoretischen Teil der Arbeitsgruppe. Er präsentierte uns eine Methode, die dazu dienen soll, eine effektivere Schülervertretung zu gestalten. Nachdem er uns knapp in die Geschichte der verfasten Schülermitwirkung (Schulverfassungsgesetze; Schülermitverwaltung als Ort und Quelle demokratischer Erfahrungen) eingeführt hat, begann er gleich mit dem Thema der "Wahlen". Eine neue SV zu wählen ist einer der wichtigsten Punkte, da sich die Schüler schon bei den Wahlen bewusst sein müssen, was sie von ihrer neuen SV erwarten. Es müssen demokratische Wahlen sein, bei denen den Schülern klar sein muss, dass nicht nur eine Person gewählt wird, sondern eine ganze Gruppe.

Wenn die neue SV dann schon gewählt wurde, darf diese nicht sofort auf sich allein gestellt sein. Das heißt, die alte SV hat noch die Verantwortung, die "Neuen" gut einzuführen. Nach dem Wahlen muss sich der Vorstand in der SV bilden und vor allem gut organisieren. Was ist nun die Aufgabe des SV-Vorstands? Grundlegend ist, dass der Vorstand sich als Teil der SV versteht und dabei besondere Aufgaben wahrnimmt, wie bspw. die Moderation und Koordination der SV. Dabei sei es wichtig, dass der Sprecher des Vorstands nicht herausgehoben werden soll, sondern dass die Mitglieder der SV untereinander gleichberechtigt sind.

Besondere Bedeutung wurde der Zielsetzung des Vorstands beigemessen. Die festzulegenden Ziele müssen die Schüler sich selbst aussuchen, und vor allem müssen sie realisierbar sein: "Wenn ich nicht weiß, wo ich hin will, brauche ich mich nicht zu wundern, wenn ich dort nicht ankomme…". In einem Projekt gibt es neben den individuellen Erwartungen und Zielen der Beteiligten auch ein gemeinsames Ziel, das klar formuliert und von allen geteilt werden sollte.

Zielbestimmung ist leichter möglich, wenn sich der Vorstand aufschreibte, was er erreichen möchte - individuell ebenso wie als Vorstandsgruppe. Diese ist die Phase 0 beim Projektmanagement, die Jugendlichen müssen sich fragen was wichtig und realistisch ist. Nachfolgend wird evaluiert, ob dies auch möglich ist und es wird eine Rangfolge aufgestellt, nach der die verschiedenen Projekte für das Schuljahr aufgelistet werden.

Auch SV arbeitet in "Projekten"

Anschließend geht es um die effektive und korrekte Durchführung einer Projektgruppe. Die Projektgruppen sollen ihre Ziele umsetzen können, außerdem sollten sie einen Vorsitzenden im Vorstand haben, aber auch die Unterstützung von einem Außenseiter könnte behilflich sein, zum Beispiel ein Vertrauenslehrer kann den Schülern immer wieder Tipps geben. Das Projekt wird dann in Teilaufgaben aufgegliedert, durch welche dann ein gleichberechtigt arbeitendes Team begründet werden kann. Wichtig ist, dass das Projekt für einen realistischen (sprich: überschaubaren) Zeitraum festgelegt wird und das Details, wie Finanzen oder andere Ressourcen nicht vergessen werden, damit am Ende auch das erhoffte Ziel erreicht wird. Unsere These war, dass - wenn ein Projekt gut geplant wird - bereits 70% der Arbeit getan ist, denn seine Durchführung erfolgt dann wie selbstverständlich. Eine Auswertung am Ende jedes Projekts empfiehlt sich nicht nur wegen der Dokumentation, sondern um dadurch zu lernen und anhand dieser Auswertung auch neue Projekte zu gestalten.

Vor diesem Hintergrund haben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer nochmals ihre eigenen Projekterfahrungen in der SV kritisch vergegenwärtigt und kommmen zu der kaum überraschenden These, dass die meisten eigentlich nie eine richtige Methode angewandt hatten, um ihre Projekte zu gestalten. Zudem wurde kritisiert, dass meist keine Hilfe von den Lehrer bekämen, wodurch die SV-Arbeit noch schwieriger wird (als sie ohnehin schon ist). Wir haben das als Beleg dafür gewertet, dass es den Schülerinnen und Schülern nicht an Lust, Motivation oder Interesse mangelt, sondern an Ausgangspunkten. Alle waren sich ihrer Ziele klar, doch keiner hatte vorher gewusst, wie man diese Zeile erreichen könnte. Obwohl die Arbeitsgruppe sehr theoriereich war, schaffte es unser Moderator Marco, Langeweile zu vermeiden. So versuchte er immer wieder an Beispielen und vor dem Hintergrund unserer eigenen Erfahrungen zu diskutieren, so dass wir die eigenen Kontexte und die Unmittelbarkeit der Probleme für unsere eigenen Erfahrungen und Schulkontexte direkt erkennen konnten. Durch präzise Fragen erreichte er auch immer wieder einen Meinungsaustausch innerhalb der Gruppe, so dass sich die Schüler mit den anderen Schülern identifizieren konnten und merkten, dass eigentlich alle mit den gleichen Schwierigkeiten zu kämpfen haben.

Da die Zeit nicht ausreichte, um alle Fragen zu beantworten, empfahl Marco das SV- Handbuch (www.planetschule.de) als Hilf eund Begleiter. Die Arbeitsgruppe endete mit einem Feedback, und wir versuchten, unsere eigene Aktivität zu beurteilen: Alle waren doch recht zufrieden und keiner wunderet sich über Marcos abschließenden Hinweis: "Habt vor allem viel Ausdauer!"

Was bleibt?

Sowohl ich als auch alle anderen Teilnehmer der Arbeitsgruppe hatten am Ende der Aktivität ein positives und optimistisches Gefühl. Wir waren nun doch der Überzeugung, dass SV-Arbeit und -Organisation gut zu gestalten und vor allem durchzuführen seien. In zwei Stunden gelang es unserem Moderator, die anfangs von den Schülern vorgebrachte "fehlende Motivation" praktisch ins Gegenteil zu verkehren. Doch vor allem gabe er uns wichtige Arbeitsinstrumente an die Hand, welche für die Schüler nicht nur in der SV, sondern auch in der Schule allgemein und dann fürs weitere Leben anwendbar sind. Da für die Schüler die Schule jetzt der Lebensmittelpunkt ist, begriffen sie die Möglichkeit ihre eigene kleine Gesellschaft zu gestalten, in der sie eine eigene Stimme haben und vor allem den Umgang mit Meinungsfreiheit und Demokratie lernen können.

 
© 2005 Demokratisch Handeln | Impressum