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Demokratie lernen mit "politisch durchsetzten Projekten"

"Politisch durchsetzte Projekte" benötigte die Schule, so charakterisiert ein Teilnehmer in der Abschlussdiskussion der SALF-Kooperationstagung im Berufsbildungszentrum Niederbobritzsch seine Einschätzung zum Zusammenhang zwischen Demokratie-Lernen und politischer Bildung. In einem die Tagung abrundenden Vortrag wurde das Thema "Demokratie lernen durch Engagement und Verantwortungsübernahme" in mehreren Perspektiven entfaltet. Diese kritische Rückbesinnung auf aktuelle Theorie-Debatten war für die Teilnehmerschaft aus der Schulpraxis ganz unterschiedlicher Länder hilfreich. So wurde deutlich, dass bei der Projektarbeit Position dazu bezogen werden muss, wie Politik als Thema und Aufgabe der Demokratie vermittelt wird, dass andererseits das demokratische Verfahren durch Anerkennung und Einbeziehung, aber auch kritisch begründete Entscheidungslagen ein zentrales Lernelement darstellt: "Ohne dabei (in der Schule und in den Projekten) die Demokratie zu erfahren, bleibt das Wissen um die Politik am Ende fruchtlos", so eine verbreitete Einschätzung.

Gleichwohl war ein Ergebnis der auf die Begründung von Demokratie als Kulturfrage und als Verfahren zur Gestaltung politischer Prozesse zielenden Diskussion die Vergewisserung zu einer normativen Position, in der Demokratie mehr ist, als nur ein hoffentlich funktionales und effektives Modell der Politikgestaltung. Die analytischen Theoriemodelle der Politikwissenschaft sind möglicherweise hilfreiche Konstrukte zur Beschreibung und Beratung der Politik. Um Demokratie als "gelebte Qualität des Alltags" in Schule und Unterricht zu vermitteln, bedarf es aber einer Wertentscheidung, einer normativen Grundlage. Bei der abschließenden Auswertungsrunde wurde schließlich eine Vielzahl von Anregungen diskutiert: Vor dem Hintergrund des "europäischen Akzentes", den die Tagung mit Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus der Türkei, Litauen und Polen besaß, wurde einmal mehr deutlich, wie offen die Gestaltungskorridore für ein demokratisch gehaltvolles Erfahrungslernen an den deutschen Schulen bereits sind - das Engagement von Lehrerinnen und Lehrern allerdings fast selbstverständlich voraussetzend. Es zeigt sich aber auch, dass die Unterschiede in der Lernkultur, auch der Lebenskultur und der Demokratie-Geschichte der verschiedenen europäischen Ländern nicht nur Differenzen markieren, sondern zugleich eine der entscheidenden Aufgaben für ein Demokratie Lernen im europäischen Rahmen sind. So gesehen wird der Wunsch verständlich, diese europäische Dimension als Teil der Kooperationsfortbildung von SALF und "Demokratisch Handeln" weiterzuführen. Hervorgehoben wurde auch der Wunsch, sich intensiver noch, als dies hier in Niederbobritzsch der Fall war, mit Projekten - als Erfahrung, als Ergebnis für das Lernen "demokratischer Handlungskompetenz" und als didaktischer Großform in der Schule - auseinander zusetzen. Nicht zuletzt wurde angemahnt, die zweifelsohne sichtbar gewordenen Unterschiede in der Schulkultur und der Geschichte des Umgangs mit Politik und Demokratie zwischen alten und neuen Bundesländern nicht harmonisierend zu verbergen, sondern in kritischer Vergegenwärtigung für das jeweils eigene pädagogische Handeln fruchtbar zu machen.

Dass daneben auch Kritik laut wurde, bspw. das Thema "Schülerinnen und Schüler übernehmen Verantwortung" nicht alleine an eine Projektpädagogik zu binden, sondern auch kleinere und schneller einsetzbare Elemente und didaktische Hilfen vorzustellen, bleibt ebenfalls verständlich - denn gerade Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus den beruflichen Schulen erfahren die organisatorischen Grenzen der Projektpädagogik sehr schnell. Die Veranstalter nehmen dies mit als Aufforderung, das Programm und die inhaltliche Schwerpunktsetzung der Folgeveranstaltung klarer zu konturieren - ansonsten aber dabei zu bleiben, den Verlauf der Fortbildung für demokratisches Handeln in der Schule ganz nah aus den Erfahrungen und den Bedürfnissen der jeweiligen Teilnehmerschaft heraus zu entwickeln und insbesondere gute und gut dokumentierte Praxisprojekte aus dem Fundus des Wettbewerbs "Demokratisch Handeln" als Anlass für die kritische Auseinandersetzung mit den eigenen Handlungsmöglichkeiten an der Schule zu nutzen, ferner möglichst für Projektverläufe verantwortliche Schülerinnen und Schüler dazu einzuladen und den Draht des länderübergreifenden Diskurses in dieser Veranstaltung weiterhin zu pflegen. (Jena, Niederbobritzsch 28.09.2004, W. Beutel)

 
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