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Ausstellung "Demokratisch Handeln - Projekte aus
Sachsen" im Sächsisches Staatsministerium für Kultus

Demokratie nicht nur als Herrschafts-, sondern vor allem als Lebensform


Von Folko Zander (Jena/Camburg)

Rund 100 Gäste, Schülerinnen und Schüler von der Grundschule bis zum Gymnasium sowie viele Lehrerinnen und Lehrer aus sächsischen Schulen bevölkerten den Lichthof im Haus des Sächsischen Staatsministerium am Dresdner Carolaplatz. "Demokratisch Handeln: Schulprojekte in Sachsen und darüber hinaus", so lautet der Titel einer Ausstellung, die nahezu 30 Best-Practice-Beispiele aus sächsischen Schulen sowie eine Reihe von Beispielen aus Schulen anderer Bundesländern darstellt. Von Anfang April bis Mitte Mai soll diese Präsentation nicht nur bei den Mitarbeitern und Besuchern des Kultusministeriums (und des Finanzministeriums, das auch in diesem Haus beheimatet ist) Aufmerksamkeit finden, sondern vor allem auch bei Schulklassen und Projektgruppen sowie an Bildung und Schule interessierten Menschen generell. Zu den üblichen Dienstzeiten kann die Präsentation besucht werden.

Der sächsische Kultusminister Mannsfeld machte in seiner Eröffnungsrede darauf aufmerksam, dass im selben Jahr, als die Bevölkerung der DDR mit dem Ruf "Wir sind das Volk" die Wiedervereinigung Deutschlands einleitete, das Förderprogramm "Demokratisch Handeln" seine Arbeit aufnahm. Dies sei insofern denkwürdig, als in beidem deutlich werde, dass es sich beim wiedervereinigten Deutschland um ein demokratisches Deutschland handle. "Gegenwärtig jedoch wird der Umstand übersehen", so der Minister in Anspielung an John Dewey, "dass es sich bei der Demokratie nicht nur um eine Herrschafts-, sondern vor allem um eine Lebensform handelt. Sie wird als etwas Gegebenes und Selbstverständliches hingenommen", führte Minister Mannsfeld weiter aus, und gerade die Erwachsenen ließen die Bereitschaft missen, sich selbst hierfür in die Verantwortung zu nehmen. Besonders wichtig scheine ihm daher, Schülerinnen und Schülern die Demokratie als Lebensform nahezubringen. Dies in einer Verbindung von Vernunft und Leidenschaft zu tun sei das besondere Verdienst der vom Förderprogramm Demokratisch Handeln unterstützten Schulprojekte. So vermittelten sie den Schülern einerseits Einblicke in die Funktion der demokratischen Ordnung, andererseits aber auch die Freude am gesellschaftlichen Engagement und Spaß daran, Dinge in Bewegung zu bringen. Minister Mannsfeld verwies auf die große Beteiligung sächsischer Schulen an den Schulprojekten und würdigte in diesem Zusammenhang besonders die Sächsische Akademie für Lehrerfortbildung. Für die Ausstellung erhofft er sich vor allem eine Vorbildfunktion und damit den Effekt, weitere Schulen in Sachsen zum Mitmachen anzuregen.

Wolfgang Beutel, Geschäftsführer des Wettbewerbs "Demokratisch handeln" erinnerte anschließend mit Max Frisch daran, dass Demokratie nötig mache, "... sich in die eigenen Angelegenheiten einzumischen". Das werde aber oftmals dadurch verfehlt, weil unter dem "Eigenen" keine Bezugsgröße zur Demokratie, sondern zum rein Privaten verstanden werde. Dementsprechend werde der Staat zunehmend als Abstraktheit und Quelle von Ärgernissen wahrgenommen, dem man sich nicht, da er ja gleichzeitig offensichtlich gut funktioniere, unbedingt zu widmen habe. Der Wettbewerb "Demokratisch handeln" setze sich daher zum Ziel, das Eigene wieder als Demokratie, demokratisches Handeln also als Handeln in eigener Sache wahrnehmbar zu machen. Genau dies leisteten die in der Ausstellung gezeigten Beiträge: Hier werde dokumentiert, wie Schüler zum Erreichen des Projektzieles ebenso Verantwortung übernehmen wie sie bemerken, dass dadurch ihre Schule besser und praxisnaher funktioniert: "In solchen Projekten", so Beutel, "wird im unmittelbaren Umfeld das Politische sichtbar, werden den Jugendlichen Themen, die sie nichts anzugehen scheinen, in der eigenen Umgebung greifbar und als eigene Sache anschaulich".

Ministerrede 

Die Ausstellung belegt die große Bandbreite an Möglichkeiten, sich Demokratie als Lebensform zu erarbeiten. Es wurden Projekte dokumentiert, in denen es um Aufklärung und Mobilisierung der Öffentlichkeit im Blick auf undemokratisches Verhalten, Rassismus und Intoleranz geht; Projekte, in denen die Schüler sich das Funktionieren der demokratischen Ordnung aneignen - so in der Politik-AG am Merian-Gymnasium Herrnhut -; Projekte, die den Schülern spielerisch Eigenverantwortung und Kooperation nahebringen - wie in der Schülerselbstverwaltung an der Förderschule Großenhain -; schließlich Projekte, die allgemein das soziale Engagement befördern sollten - wie das Projekt "soziales Lernen" der Freiwilligen-Agentur in Leipzig; aber es gab auch zahlreiche Projekte, in denen Demokratie als Lebensform auf vermitteltere Weise gefördert werden soll. Dazu gehörten die Erarbeitung von Kinder-, Umwelt und von Europa-Kochbüchern, ökologisch, künstlerisch, historisch und sozialpsychologisch orientierte Projekte bis hin zu Schulprojekten, die Kindern und Jugendlichen Einblicke in Wirtschaftskreisläufe verschaffen sollten.

Dabei zeigen die Schülerinnen und Schüler - natürlich jeweils entsprechend ihrem Alter - klare Vorstellungen und begriffliche Einsichten - also Wissen - um die Demokratie und die Sachargumente der Themen, mit denen sie sich jeweils befasst haben. In einem Projekt des Evangelischen Gymnasiums Johanneum in Hoyerswerda beispielsweise, in dem die Ereignisse des 17. Juni 1953 in Hoyerswerda untersucht wurden, sahen die Schüler ihre Recherchen vor allem als Beschäftigung mit und Aufarbeitung von undemokratischer Repression. Beteiligte des Schülerunternehmens "Exporterfolg" der 1. Mittelschule "Am Kupferberg" in Großenhain zielen zwar zunächst einen unmittelbaren Nutzen für ihre künftigen Berufswege, übersahen aber nicht die mit ihrer Aktivität verbundene Erarbeitung von Kompetenzen zur Kooperation und Verantwortung.

So bezeugte die Ausstellung nicht nur den guten Willen der Projektgruppen, sondern durchaus auch den Willen der beteiligten Schüler, sich zu engagieren, die offensichtliche Freude daran und letztlich ihren Stolz darauf. Eine gelungene Form, aus der Schulpraxis auf die Möglichkeit zur weiteren Entwicklung des Demokratie-Lernens an der Schule zu schließen.

(April 2004)
 
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