Sie befinden sich: Presse » Wissenschaftliche Beiträge »

Partizipation heißt "Demokratie lernen" oder: teilnehmen und mitmachen

Von Wolfgang Beutel
aus POLIS 2/2002

In der politischen Bildung ist darüber diskutiert worden, "Demokratie lernen" als Prinzip des erziehenden Unterrichts (Fischer 1986) und als Anforderung an die Ausgestaltung des Lebens- und Erfahrungsraumes Schule zu begreifen. Doch die Praxis der pädagogischen Gestaltung der Schule als Ganzes durch eine so verstandene politische Bildung hat bislang "eine untergeordnete Rolle gespielt" (Henkenborg 1997, S. 242). An dieser Differenz zwischen Wunsch und Wirklichkeit in der politischen Bildung setzt ein nunmehr seit zwölf Jahren wirkendes "Förderprogramm Demokratisch Handeln", von dessen Ansatz und Erfahrungen hier gesprochen werden soll.

Ein Beispiel: Das "Amphibienschutzkonzept" der Biologie-AG Conrad-von-Soest-Gymnasiums

Das "Amphibienschutzkonzept" ist Teil eines Biotopverbundsystems, das die Biologie-AG des Conrad-vonSoest-Gymnasiums zum Schutz der Biotope im Soester Westen in den letzten zehn Jahren systematisch entwickelt hat. Es geht dabei darum, städtische Grundflächen, Wohngebieten und Umlandgrün miteinander zu verbinden und diesen Verbund in die politische Entscheidungspraxis zur Stadtentwicklung hineinzutragen, indem die von den Schülerinnen und Schülern entwickelten Vorschläge in die Gebietsplanungen der Stadtverwaltung einbezogen werden. Was ist am Teilprojekt "Amphibienschutz" nun im Einzelnen bedeutsam? Der Verkehr auf vielbefahrend Wege und Straßen innerhalb eines biotopnahen Wohngebietes muss mit Hilfe eines Bündels an Schutzmaßnahmen für die dort lebenden Kröten und Echsen mit den Erfordernissen für deren Lebensraum in Einklang gebracht werden. Die Tiere müssen im Frühjahr diese Verkehrswege queren, um zu ihren Laichgewässern zu kommen und damit ihren Fortbestand zu sichern. Diese Wanderung wird bislang vielen Kröten zum Verhängnis: Sie werden überfahren.

Die Schülerinnen und Schülern gehen den Ursachen auf den Grund: Sie stellen fest, dass die dort angesetzte Tempovorschrift 30 für Autos oft überschritten wird und sie finden bei ihren Wege-Kontrollen im Frühjahr ca. 200 überfahrene Erdkröten vor, eine unter Artenschutzkriterien bei weitem zu große Zahl. Aufgrund der bisherigen erfolgreichen Zusammenarbeit zwischen der Biologie-AG und der Stadt werden sie vom städtischen Planungsamt damit beauftragt, ein Konzept zum Schutz der Amphibien zu erstellen. Hierzu schlagen die Jugendlichen die Integration von Ersatzlaichgewässern in den Grünstreifen eines geplanten Baugebiets, die Installation neuer Amphibienwanderungswege, Krötentunnel und Schutzzäune vor. Das Konzept wird von den Jugendlichen dem Tiefbauamtes vorgestellt. Die Pläne werden dem Ausschuss für Umwelt- und Naturschutz der Stadt Soest von den Schülerinnen und Schülern erläutert und von den Politikern angenommen: Im Endbericht des Agenda 21-Forums von Soest werden sie auch berücksichtigt.

nächste Seite »

 
© 2004 Demokratisch Handeln | Impressum