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Junge Leute reden über Maike und Respekt

Wenn sich Schüler aus ganz Leipzig zur "Lernstatt Demokratie" treffen, dann sind die jüngsten erst sechs Jahre jung und die Ältesten bereits 18. Doch der Reifeunterschied hindert nicht daran, ins Gespräch zu kommen - über Integration und Respekt voreinander, über eigenverantwortliches Handeln und die Möglichkeit, Demokratie in eigenen Projekten selbst zu leben. Jedes Jahr ist dieser erfahrungsaustausch in einer anderen Stadt angesiedelt. Zurzeit diskutieren rund 120 junge Leute und 50 Lehrer im Leipziger Schulmuseum.

Die Gesprächsgrundlage haben die "Lernstatt"-Teilnehmer gleich mitgebracht: eindrucksvolle Dokumentationen von Projekten, die die Facetten der Demokratie im Alltag zeigen. Da geht es längst nicht mehr um Schülergremien. "Wir haben ein blindes Mädchen in der Klasse", erzählt zum Beispiel die zwölfjährige Raphaela Kraske aus der Nähe von Münster. "Wir helfen ihr im Unterricht, indem wir ihr manche Dinge vorlesen oder in die Hand geben." Die Gymnasiastin zeigt auf eine wandzeitung mit texten und Fotos über das Schuljahr mit Maike. "Und das hier sind Kinder aus Indonesien. Denen bezahlen wir mit regelmäßigen Spenden Lehrbücher und Schulkleidung."

Die große Ausstellung in der dritten etage des Schulmuseums hat noch viele weitere Beispiele parat. Unterteilt in fünf Themenbereiche geht es da um Geschichte, Umwelt, Schule, Rassismus und Kommune. "Die 'Lernstatt' will kein Preiswettbewerb sein", erklärt Professor Peter Fauser von der Akademie für Bildungsreform, die die Aktion zusammen mit der Theodor-Heuss-Stiftung vor 13 Jahren ins Leben gerufen hat. "Es geht nicht darum, die schönsten Arbeiten hervorzuheben, sondern um möglichst breiten Austausch." Vertreter aller Schulformen stellen dort ihre Projekte vor - mit dabei auch drei Arbeiten aus leipzig.

Unterstützt und vorangetrieben wird die "A.mLernstatt" nicht zuletzt durch eine Grande Dame der Politik: Hildegard Hamm-Brücher. "Dass die Jugendlichen immer wieder neue Ideen haben, macht Mut", sagt die Vorsitzende der Heuss-Stiftung. "Von Demokratieverdrossenheit kann da keine Rede sein. Vielmehr von Politikverdrossenheit, weil diese sich in Öffentlichkeit zu sehr produzieren und immer nur an den nächsten Wahltag denken."

Heute wird im Schulmuseum vor allem noch einmal ausgewertet, was die viertägige Zusammenkunft an neuen Demokratie-Ideen geweckt hat. Ging es doch auch in diversen Workshops um Meinungsfreiheit un Mitbestimmung. Mit klassischem Gemienschaftskunde-Unterricht hatten die allerdings weniger zu tun. Peter Fauser betont: "Demokratie ist kein Lernstoff, sondern eine Lebenseinstellung."
Kay Würker

Die Projekte-Ausstellung im Schulmuseum am Goerdelerring 20 ist bis Schuljahresende Montag bis Freitag 9-18 Uhr kostenlos zugänglich.

Quelle: Leipziger Volkszeitung, Leipzig 28.06.2003

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