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Ein Besuch des Gewerkhauses Dießen

Seit 2008 befindet sich das Gewerkhaus – ein Gemeinschaftsprojekt von Handwerkern und Künstlern – im ehemaligen, sogenannten Gattinger Keller. Dieser wurde 1704 errichtet und der Gemeinde Bayerdießen mit der Bedingung vermacht, es zu einem Krankenhaus für Arme auszubauen. Aufgrund der knappen Mittel in der Kommune, konnte erst 1854 damit begonnen werden. Die finanziellen Engpässe begleiteten den Ausbau des Krankenhauses bis zu seiner Fertigstellung. Erst eine großzügige Spende an die Barmherzigen Schwestern im Jahr 1888 erleichterte die Arbeit in der Einrichtung. Später stand das Krankenhaus phasenweise leer, wurde in den 70er und 80er Jahren von der Arbeiterwohlfahrt als Altenheim, und nach einem weiteren Leerstand, von Ende 2003 bis Anfang 2008 von der Musiker -und Künstlergruppe K7 genutzt.

In intensiver Renovierungsarbeit ist seit 2009 das heutige Gewerkhaus entstanden. Es gibt den Besuchern einen interessanten Einblick in die dort ansässigen Gewerke und Handwerkskünste. Von der Bildhauerei über die Goldschmiede bis hin zur Sattlerei konnten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Lernstatt Demokratie Eindrücke zur jeweiligen Handfertigkeit und entsprechenden Produkten gewinnen und dabei die tradierten Handwerke kennenlernen. Ebenfalls war es möglich, einem Graphiker über die Schulter zu schauen und zu beobachten, mit welcher Sorgfalt und Liebe zum Detail Illustrationen für ein Kinderbuch oder Motive für Postkarten entstehen. Besonders spannend war es für die Besucher, in der Goldschmiede Metall zu erhitzen und dieses zu einem individuellen Schmuckstück zu formen. Auch in der Sattlerei konnte bestaunt werden, mit wie viel Präzision die Nadel durch das Leder sticht und das fertige Halfter in Handarbeit entstanden ist. Beim Messerschmied erfuhren wir, wie lang die Herstellung einer Damastklinge dauert. Wir wissen nun, dass diese Klinge abschließend solange geschliffen, gehärtet, poliert und geätzt wird, bis die schönen Marmorierungen hervortreten. Auch die Griffe für die Klingen fertigt der Messerschmied selbst und sucht die Hölzer dafür aus.

Insgesamt zeigt und versammelt das Gewerkhaus jahrhundertealte Gewerke in kompakter Form und bewahrt traditionelle Handwerkstechniken vor dem Vergessen. Dies dient einerseits der kulturellgeschichtlichen Auseinandersetzung mit der Entwicklung moderner Gesellschaften anhand ihrer Fertigungskünste und braucht andererseits auch die Kommunikation und demokratische Abstimmung der einzelnen Werkstätten. Ein Besuch in dieser Verbindung zwischen Handwerk, Kunst und Demokratie lohnt sich!

(Arila Feurich, Jena im August 2011)

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29.08.2011 (LR)

 
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