Direkt zum Inhalt springen

Sie befinden sich: Startseite » Lernstatt » 2009 »

Goethe und Schiller Stadtspaziergang

Dieser Stadtspaziergang lud die Teilnehmer ein, sich auf die zahlreichen Spuren Goethes und Schillers innerhalb Jenas zu begeben. Werden beide zumeist mit Weimar in Verbindung gebracht, verfolgte die Stadtführerin die Intension, ihre große Bedeutung für unsere Stadt aufzuzeigen.

Goethe und Schiller prägten durch verschiedene Aktivitäten die Geschichte von Jena und wurden von der Saalestadt mit seinen frei- und schöngeistigen Bewohnern rund um die 1558 gegründete Universität inspiriert. Friedrich Schiller lebte an keinem Ort so lange zusammenhängend wie in Jena. Zudem schloss er hier die Freundschaft zu Goethe. Grund genug, beiden großen Geistern der Weimarer Klassik einen eignen Stadtspaziergang im Rahmen der Lernstatt Demokratie zu widmen. Begonnen wurde der Rundgang quer durch die Innenstadt mit dem wohl schönsten und für Schillers Privatleben wichtigstem Gebäude: seinem Gartenhaus. Er erwarb das, vor den damaligen Toren der Stadt gelegene Grundstück, im März 1797. Noch heute malerisch gesäumt von einem blühenden Garten und mit einer Ausstellung im Inneren des Gebäudes versehen, konnten sich die Teilnehmer selbst überzeugen, warum Schiller hier seine vielleicht glücklichsten Sommermonate bis 1799 zusammen mit seiner Frau Charlotte und seinen zwei kleinen Söhnen verbrachte. Schiller genoss die Zeit in Jena, weil er im Rahmen seiner außerordentlichen Professorentätigkeit an der Alma Mater Jenensis viele Menschen kennenlernte, die sich produktiv auf sein literarisches Schaffen auswirkten. Während er bedeutende Persönlichkeiten wie zum Beispiel Johann Wolfgang von Goethe, den Verleger Johann Friedrich Cotta, den Philosophen Johann Gottlieb Fichte und den Romantiker Friedrich Wilhelm Joseph Schelling in seinem Garten willkommen hieß, entstanden hier viele seiner Balladen, wesentliche Teile der Dramentrilogie "Wallenstein" sowie der Anfang von "Maria Stuart".

Im Inneren des Gartenhauses erfuhren die Teilnehmer einiges über Schillers Schaffen an der Universität, an der er ab 1789 als Professor für Geschichte und Philosophie lehrte und die später seinen Namen tragen wird. So wurde anhand eines Gemäldes, das im Rahmen der 350 Jahrfeier der Universität entstand, über seine Antrittsvorlesung "Was heißt und zu welchem Ende studiert man Universalgeschichte?" berichtet, dass zugleich als perfekten Überleitung zum nächsten Punkt des Rundganges diente. Die Teilnehmer wurden nun an den Ursprungsort der Universität geführt: den so genannten 'Kollegienhof". An keinem anderen Ort in der Stadt Jena als im Collegium Jenense ist es möglich, 450 Jahre Universitätsgeschichte unmittelbar zu erleben. Ursprünglich war dies der Grund und Boden eines Dominikanerklosters und gilt ab 1548 als ursprünglicher Ort des philosophischen Instituts der damaligen Universität Wittenberg. Neben vielen Informationen zur Entstehung und ersten Nutzung der Universität gab die Stadtführerin ein paar unterhaltsame Anekdoten über die Arbeitsstätte Schillers und Goethes zum Besten, die Einblick in das damalige Studentenleben gaben. So wird noch heute im Karzer, dem Studentengefängnis, ein eigenwilliges Gemälde zur Schau gestellt, welches 1822 von einem Insassen mit Hilfe seiner Exkremente angefertigt wurde, was die damaligen Professoren karikiert. Anhand der Dauerausstellung im Gebäudeinneren erfuhren die Stadtspaziergänger viel Informatives über Goethes Wirken an der Universität. Ihm ist es zu verdanken, dass die Hochschule noch heute über zahlreiche Sammlungen verfügt, die er zur damaligen Zeit gekauft hatte. Der botanische Garten, das Phyletische Museum, die Sternwarte und die Bibliothek, um nur einige zu nennen, werden heute noch aktiv für die universitäre Forschung genutzt und zählen zudem, zu den touristischen Attraktionen der Stadt. Im Rahmen der Sammlungen wurde kurz auf das "Theatrum Anatomicum" verwiesen, welches noch heute zu Ehren Goethes erhalten wurde. Der "Anatomieturm" kann als Sinnbild für Goethes bahnbrechende Entdeckung des menschlichen Zwischenkieferknochens gesehen werden, mit dem er den Beweis erbachte, dass der Mensch vom Tier abstammt.

Der Rundgang führte die Teilnehmer weiter, vorbei an den Rosensälen, die, als Gegenpol zum Weimarer Theater, Künstler wie Schumann und Liszt anzogen. Mit einem Gang durch die Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek gelangte man auf das Frommansche Anwesen. Dem Verleger gelang es, alle renommierte Autoren der Klassik zu gewinnen und sein Haus wurde zu einem gesellschaftlichen Mittelpunkt in Jena. Bei den so genannten "Butterbrot und Tee" Gesellschaften kam die geistige Elite der Stadt zusammen und inspirierte sich gegenseitig. Goethe soll einmal gesagt haben, dass er er ohne die Frommanschen Gesellschaften, seinen Faust II niemals so intelligent hätte schreiben können.

Den Abschluss des fast zweistündigen Spaziergangs bildete der Marktplatz der Stadt. Hier steht das Denkmal für den Gründer der Hohen Schule, Johann Friedrich den Großmütigen. Es wurde von Friedrich Drake geschaffen und 1858 zur 300-Jahr-Feier der Universität aufgestellt. Aber auch zum Marktplatz konnte die Stadtführerin eine kleine Anekdote berichten, mit der sie den Streifzug durch Jenas Geschichte zu einem hervorragenden Abschluss brachte. Hier, so wird erzählt, begann die Freundschaft von Goethe und Schiller. Beide schritten sinnierende Weise auf ihm umher, als sie von den Gebrüdern Humboldt aus einem nahegelegenen Gasthaus beobachtet wurden. Für die Brüder soll dieser Anblick so beeindruckend gewesen sein, da beide Denker anfangs ein unterkühltes Verhältnis zu einander pflegten, dass sich diese Anekdote bis in die heutige Zeit weiter erzählt wird.

(Jena, 18.06.2009, Grit Hiersemann)

zurück

21.09.2009 (LR)

 
© 2009 Demokratisch Handeln | Impressum