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Eröffnung

"Schule ändern, Freiheit bewusst gestalten und keine Angst vor den Kindern und Jugendlichen"

Die 17. Lernstatt Demokratie in Jena wird eröffnet

„Wenn sie noch einmal Schüler wären, was würden sie ändern?“ Dieser Frage mussten sich alle Teilnehmer der Begrüßungsrunde der 17. Lernstatt Demokratie in Jena stellen.

Von lebensnäherem und fächerübergreifendem Unterricht bis hin zu Eignungstests für Lehrer reicht das Spektrum der Antworten. Doch in einem waren sich alle einig: Mehr Demokratie sollte es geben und vor allem mehr Zeit für die Schüler. Und zumindest  für das Erstere wird in Jena fleißig gearbeitet. Rund  60 Projekte aus dem ganzen Bundesgebiet sind angereist um an der Lernstatt teilzunehmen. Die Anerkennung der Projekte und Aktionen, die sich allesamt ums Mitmachen und die Demokratie drehen, steht hier in Vordergrund, wie Wolfgang Beutel, der Geschäftsführer von Demokratisch Handeln, bei der Begrüßung betont. An die Stelle frontaler Belehrung sollten die Freiheit und die Verantwortung für das Lernen treten. Mit Peter Fauser trat der wissenschaftliche Leiter von Demokratisch Handeln und der Ideengeber der IMAGINATA in die Runde. Da stellte sich natürlich für das Publikum und Moderatorin Leonie Kusch sofort die Frage, was denn die Vorstellungskraft mit der Demokratie zu tun habe. „Demokratie ohne Phantasie ist tot“, konterte Peter Fauser souverän und schob für sein Wunschbild von Schule hinterher, „dass dort professionell und zum Wohle der Kinder gelernt wird“; dabei wagte er auch den provokativen Hinweis darauf, „dass diejenigen, die nicht wirklich Lehrersein wollen und es nicht gut machen, dann auch nicht mehr unterrichten sollten!“.  

Antoinette Cherbuliez vertrat die Theodor Heuss-Stiftung und löste den Universitätsprofessor auf der Bühne ab. Seit 42 Jahren setzt sich die Stiftung für  bürgerschaftliches Handeln und das Gemeinwohl ein. Und auch Theodor Heuss war mal jung, erinnerte Antoinette Cherbuliez und sieht in seinem frühen Interesse an einem umfassenden Leben und dem stetigen „weiterarbeiten an Dingen, die Freude bereiten“ die großen Stärken des ehemaligen Bundespräsidenten – der zeitlebens Schriftsteller und Zeichner geblieben ist. Auf den Stellwänden der Lernstatt-Teilnehmerschaft, auf unzähligen Fotos und in seitenlangen Texten ist genau dieser Eifer und diese Freude der Schülerinnen und Schüler an ihrer Arbeit und ihren Projekten zu erkennen: „Es muss mehr Platz für Fächer geben, die man braucht um ein ganzer Mensch zu werden“, sodie Ideen der Heuss-Geschäftsfüherin für eine bessere Schule. Könnte sie das ändern, dann würden auch Fächer wie Kunst, Musik und Sport wieder mehr Beachtung finden.

Die nachfolgenden Gäste waren Jonna Lüers und Felix Pistorius, die sich – stellvertretend für die so oft beschworene Null-Bock-Generation – auf der Bühne wieder fanden. Doch die zwei Schüler aus Bremen und Freiburg schafften es, sämtliche Vorurteile gegenüber desinteressierter Schuljugend aus dem Weg zu räumen. Denn schließlich haben ja alle, so ihre Begründung, die jetzt bei der Lernstatt sind, schon einmal in ihren Projekten Engagement und gemeinschaftlich orientiertes Handeln gezeigt. Doch das Thema „Politik in der Schule“ kommt bei den beiden nicht sehr gut weg. Könnten sie beim Lehrplan mitbestimmen, so hätten Politik als Erfahrungsgelegenheit, Gruppenarbeit und außerschulische Aktionen mehr Gewicht. Auch fächerübergreifender und lebensnaher Unterricht kämen nicht zu kurz.

Mehr Zeit für die Schüler und mehr von dem, was über die Schule hinaus geht würde sich auch Evelyn Koch vom Kultusministerium wünschen – und vergaß nicht zu bteonen, dass sich das Thüringer Ministerium auch mehr Partner bei den Bundesländern für das Programm „Demokratisch Handeln“ wünscht. Mit schnellen Schritten ging es dann vom Ministerium zur Deutschen Kinder- und Jugendstiftung, die mit Jürgen Bosenius einen eifrigen Verfechter des Ganztagsschulkonzepts ins Rennen schickte. „Das Angebot vergrößern und die Schulen für Neues zu öffnen“, darin hat er Chancen für ein erfolgreiches Lernen ausgemacht. Als letzter Gast stößt Frank Schenker, Sozialbürgermeister der Stadt Jena dazu. Er hat vor allem aus seinen Erfahrungen in der ehemaligen DDR gelernt, wo „die Dinge so genommen werden mussten, wie sie vorgegeben waren“. Als „nicht auszuhalten“, beschreibt er diese schulische Situation in der DDR, die er nicht nur als Schüler, sondern auch als Lehrer erfahren hat. Doch an die Stelle dessen sind „glücklicherweise endlich die Möglichkeiten für kritisches Nachfragen und lebendige Diskussionen“ auch in der Schule getreten, so Schenker. Zum Abschluss betont Schenker noch einmal den aus seiner Sicht wichtigsten Punkt für eine gute Schule: „Talentierte und begeisterte Lehrerinnen und Lehrer, bei denen Angst vor dem Lernen ein Fremdwort ist“.  

Eine große, gleichwohl zügig argumentierende Runde eröffnet die Lernstatt Demokratie, umrahmt vom Piano-Swing eines Jenaer Jazz-Pianisten. Der Start war gut – möge die Veranstaltung jetzt entsprechende Ergebnisse erarbeiten

(Jena, 7.6.2007, Katharina Dellbrügger, Conrad-von-Soest-Gymnasium Soest)


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06.06.2007 (MF)

 
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