Direkt zum Inhalt springen

Sie befinden sich: Startseite » Lernstatt » Hamburg 2006 »

"Grußwort Staatsrat Dr. Voges anlässlich der Auszeichnung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer der 16. Lernwerkstatt Demokratie am 2. Juni 2006 im Kaisersaal des Hamburg Rathauses

Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin, sehr geehrte Frau Abgeordnete, sehr geehrte Frau Riekmann, sehr geehrter Herr Prof.Fauser,

Liebe Schülerinnen und Schüler,

sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen aus den

Projektschulen, meine sehr verehrten Damen und Herren,

ich freue mich, Sie im Namen des Senats der Freien und Hansestadt Hamburg begrüßen zu dürfen. Wir haben Sie bzw. euch in den Kaisersaal des Hamburger Rathauses eingeladen, um die herausragen Projektgruppen im Rahmen des Wettbewerbs „Demokratisch Handeln“ auszuzeichnen, die von der Bundesjury aus den insgesamt 225 eingereichten Beiträgen ausgewählt wurden. 60 „Best-Practice-Projekte“ für demokratischen Handeln von jungen Menschen aus ganz Deutschland – in der heutigen Zeit. Eine Aufgabe, die ich sehr gerne übernommen habe.

Wir befinden uns hier im Kaisersaal des Hamburger Rathauses, ich erwähnte es schon, und ehren Projekte für demokratisches Handeln. Liegt darin nicht ein Widerspruch? Nicht unbedingt. Erlauben Sie mir einen kurzen Abstecher in die Geschichte: Dieser Saal wurde benannt nach Kaiser Wilhelm II. Er war als preußischer König zugleich Deutscher Kaiser. Wir schreiben das Jahr 1895 – hier in diesem Saal. Anlässlich der Eröffnung des heutigen Nord-Ostsee-Kanals, der damals noch den Namen seines Großvaters trug, stattete der Kaiser der Freien und Hansestadt Hamburg einen Staatsbesuch ab. Das Rathaus war zu der Zeit noch in Teilen eine Baustelle, einzig dieser Saal war so weit fertig gestellt, dass man in ihm den hohen Gast empfangen konnte. Daher der Name Kaisersaal.

Da das monarchische Preußen und die Freie und Hansestadt Hamburg beide Mitglieder des Deutschen Reiches waren, ließ es sich der damalige Senatsvorsitzende, Bürgermeister Mönckeberg, nicht nehmen, den Kaiser beim Empfang auf die republikanische Tradition in Hamburg hinzuweisen und begrüßte ihn statt mit „kaiserliche Hoheit“ mit „verehrter Bundesgenosse“. Ein ziemlicher Skandal seinerzeit und ein schönes hanseatisches Beispiel für demokratisches Handeln. Soweit zur Geschichte. Nun zur Gegenwart.

Die meisten von uns sind in eine Demokratie hineingeboren worden und halten sie von daher vielleicht für selbstverständlich. Aber das ist sie nicht. Demokratie und demokratischen Handeln ist nicht von selbst da, es muss gelernt und gelebt werden. Und hier sind Familie und Schule in besonderer Weise gefordert. Denn junge Menschen müssen lernen, selbstständig zu denken und die richtigen Fragen zu stellen. Sie müssen lernen, Probleme gewaltfrei zu lösen und mit Enttäuschungen umzugehen. Sie müssen lernen, gemeinsam an Projekten zu arbeiten, unterschiedliche Meinungen zuzulassen und Kompromisse zu finden. Der Förderwettbewerb „Demokratisch Handeln“ leistet hierbei für die demokratische Entwicklung junger Menschen einen ganz wichtigen Beitrag – in einer Zeit, in der laut der letzten Shell-Studie gerade mal ein Drittel der Jugendlichen sagt, dass sie ganz sicher zur Wahl gehen werden. Im Rahmen der Projekte, die wir heute auszeichnen, habt Ihr, liebe Schülerinnen und Schüler, wirklich Außerordentliches geleistet.

Beispiel „Schule“:

Ihr habt euch mit dem Thema Religion und Weltfrieden beschäftigt. Gemeinsam mit Schülerinnen und Schülern aus arabischen und jüdischen Schulen in Israel habt Ihr die Berührungspunkte in den unterschiedlichen Religionen herausgearbeitet, aus denen sich Regeln für das friedliche Zusammenleben von Juden, Moslems und Christen ableiten lassen.

Beispiel „Minderheiten“:

Ihr habt unter dem Motto „Kunst im Knast“ einen gemeinsamen Kunstunterricht mit Jugendlichen in einer Strafanstalt ins Leben gerufen, der inzwischen fester Bestandteil der Resozialisierungsmaßnahmen der Haftanstalt geworden ist.

Beispiel „lokales Umfeld“:

Als sich in Schulnähe auf einem ehemaligen Bundeswehrgelände ein rechtsextremes Bildungs- und Wohnzentrum entsteht, wurdet Ihr aktiv. Ihr habt Informationen gesammelt und eine Ausstellung gegen Rechts gestaltet. Ihr habt Flyer und Plakate verteilt, ein Mahnmal errichtet und mit verantwortlichen Politikern gesprochen. Ihr habt demonstriert und 131 Sperrholzplatten mit den Namen von 131 Todesopfern durch rechte Gewalt vor Euch hergetragen. Und damit ein sichtbares Zeichen gesetzt.

Beispiel „Erinnern“:

Ihr habt das Leben einer KZ-Insassin erforscht und als Hörspiel vertont und so die Spuren vergangener Unmenschlichkeit in der Gegenwart sichtbar oder besser hörbar gemacht.

Beispiel „Eine Welt“:

Ihr habt für die Kinder und Jugendlichen des Heimatdorfes eines bosnischen Mitschülers von Euch Geld und Sachspenden gesammelt. Ihr habt Kleidung, Spielsachen und Schulbücher in das Dorf gebracht und mit weiteren Spenden dort einen Spielplatz errichtet und die Schule mit Sanitäranlagen ausgestattet. Die Liste Eures demokratischen Handelns ließe sich noch lange fortsetzen. Ich möchte mich aber auf die genannten Beispiele beschränken. Zeigen sie doch eindruckvoll und anschaulich, welche vorbildlichen Projekte im Rahmen des Förderprogramms „Demokratisch Handeln“ wir heute würdigen und auszeichnen.

Ihr habt in den letzten Tagen insgesamt 60 Projekte in der Max-Brauer-Gesamtschule in Hamburg-Altona im Rahmen der „16. Lernstatt Demokratie“ vorgestellt. Ihr habt Euch in gemeinsamen Workshops über die Notwendigkeit couragierten Handelns in der Demokratie verständigt und habt intensive Gespräche mit Politikerinnen und Politikern geführt. Ihr habt von Ihnen gelernt – und ich hoffe – sie auch von Euch! Ihr habt mit Euren Projekten Demokratie erlebbar und fühlbar gemacht. Nicht nur für Euch selbst, sondern auch für die vielen Menschen, denen Ihr Eure Projekte vorgestellt habt.

Ich hoffe, dass Ihr diese Projekte fortführt, vielleicht auch neue Vorhaben beginnt und möglichst viele Menschen ansteckt mit Eurem Engagement für gelebte Demokratie in unserem Land. Denn: Demokratie braucht starke Persönlichkeiten. Sie braucht euch. 

Vielen Dank!

14.06.2006 (MF)

 
© 2006 Demokratisch Handeln | Impressum