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„Mal-Atelier“ - ein kreativ, künstlerischer Workshop, gerade auch für Grundschüler

Moderation: Katrin Sengewald (Erfurt); Ort: Keller GHS Ostheim

Denise Bär (Beilstein): Warum Drachen in Unterwasserwelten viel mit Demokratie zu tun haben

"Das ist ein Drache", ruft Eric. Ob es sich bei den Motiven, die den mehrere Meter langen Backpapier-Streifen zieren, wirklich um einen Drachen handelt oder doch um einen Seestern, darin waren sich die Workshop-Teilnehmer nicht ganz einig - aber wie es sich für "kleine (angehende) Demokraten" gehört, wurde auch die Meinung eines Anderen akzeptiert. Der Workshop "Mal-Atelier", der bereits zum wiederholten Male von Katrin Sengewald geleitet wurde, zog die Kinder förmlich in seinen Bann. Kein Wunder, denn die Durchführung des Ateliers durch Workshop-Leiterin Sengewald war ein gelungen durchkomponiertes Werk.

Zur Exposition wurden die Kleinsten spielerisch an das Malen herangeführt. Gemeinsam ließen sie in verschiedenen Kleingruppen kleine Muster entstehen, die sich alle auf dem gleichen Stück Packpapier befanden. Als Überleitung zum Hauptthema bedachte die Künstlerin ihre Teilnehmer mit einer Erklärung über Pigmente, also Farbpulver. Assoziationen wie "Afrika", "Höhlenmalerei" und " Indien tobten durch die Köpfe der Kinder. Um die Theorie jedoch nicht allzu trocken zu gestalten, begab sich nun der gesamte Workshop-Kurs auf den Pausenhof mit der Aufgabe, sich eigene Pigmente zu suchen, die dort zu finden waren. Dem Ideenreichtum waren keine Grenzen gesetzt. Somit wurden nicht nur Blätter, Rosen und Erde angeschleppt, sondern auch Beeren, Blütenblätter und Sand. So hatte der eine oder andere schon vor Beginn des eigentlichen Malens mehr Flecken auf der Hose, als im Laufe des Tages noch hinzukommen sollten. Aus dem Gesammelten wurden nun von den Kindern Pigmente selbst hergestellt und diese auch gleich auf den Prüfstand gestellt: Jeder der Teilnehmer der unterschiedlichsten Altersgruppen malte sein erstes Bild. Fasziniert konnte man beobachten, wie unter den kleinen, flinken Händen Bilder entstanden, gänzlich unterschiedlich in Art und Weise der Gestaltung wie auch der Motivwahl. Die Neugier der Kinder am gesamten Werk, zu dem das Herstellen der Farben, die Farbauswahl, die Motivwahl sowie die richtige Wahl der Technik gehörten, war geradezu greifbar: Der Künstlerin war es gelungen, die Kinder mit ihrer Begeisterung anzustecken. Spätestens jetzt war die Gruppe mit dem Mal-Fieber infiziert.

Malworkshop - Bild 3 | Malworkshop - Bild 4

Jeder pinselte, wischte und schmierte vor sich hin und bei der internen Gruppenpräsentation wurde sofort deutlich, dass die Kleinen diesmal die Großen waren - vor allem, was den Ideenreichtum betraf. "Ei und Quark", so die Moderatorin und freischaffende Künstlerin, "können neben Leim ebenfalls als Bindemittel für Farben benutzt werden. Die heutigen Quarks sind zu sehr mit Geliermittel (Gelatine und dergleichen) durchzogen und eignen sich daher nicht mehr so gut (...) wie DDR-Quark."

Mit dem Entwurf eines zweiten Bildes, bei dem man erneut testen sollte, welche Technik wie aussieht und welche Farbe sich womit mischen lässt, verging die Zeit bis zur Mittagspause wie im Flug.

Den Hauptteil des Workshops bildete das Bemalen von Leinwänden mit Acrylfarben. So durfte jeder der Teilnehmer seine eigene Leinwand bemalen. In den restlichen Stunden sollten Bilder entstehen, die so verschieden waren wie die Kinder selbst. Der quirlige Eric beispielsweise malte ein Bild, welches einen Geist zeigte und sinnigerweise auch mit den Worten "Ghost Power" beschriftet war. Ein weiterer Teilnehmer hingegen malte eine Spirale in leuchtenden Farben, der jüngste der Truppe wiederum erweckte die gesunkene Titanic wieder zum Leben, indem er ihr zwei moderne Autos zur Seite stellte. Außerdem befanden sich unter den Endwerken der Präsentation des letzten Tages der Stuttgarter Lernstatt, noch ein "Zwillingsbild" - ein gleiches Motiv zwar, aber dennoch waren die Bilder der beiden Künstlerinnen nicht identisch -, eine japanische Manga-Zeichnung, eine Schnecke und und und... Kurz, jeder Einzelne aus der Workshop-Gruppe war mit Eifer bei der Arbeit. Maßgeblich hierzu trug freilich auch die im Kurs entwickelte "Müll-Art" bei, in der sich die Kinder nun auch äußerlich als Gruppe zeigten. Jedes Kind hatte seine eigene Kleidung aus einem oder mehreren Müllsäcken kreiert, die einzig und allein dem Zweck hatte dienen sollen, nicht allzu viel Farbe auf die Kleidung zu bekommen. Spätestens als die "Blauen Engel" diese Entwürfe mit der Kamera dokumentierten war jedoch klar, dass diese neue Mode-Kollektion ebenfalls auf der abschließenden Präsentation gezeigt werden musste. So kam es also, dass Marlene - quasi stellvertretend für den Rest der Gruppe - dazu auserkoren wurde, einen kleinen Teil der Kollektion zu präsentieren, was sie auch sehr professionell absolvierte.

Auch die anderen Teilnehmer trugen zur ausgelassenen Stimmung bei der Abschlusspräsentation des Mal-Ateliers bei. Der zehnjährige Lukas hatte sich eigens für die Präsentation einen Namen für sein Werk überlegt. Und spätestens bei der Begründung des Titels konnte das Mal-Atelier große Sympathien für sich beanspruchen. "Ich habe das Bild die Natur genannt, weil ich gerne in der Natur bin. Ja - (Pause) - das war's eigentlich", so der Grundschüler. Auch Pascal, einer der jüngsten Maler-Neulinge, erstaunte das Publikum mit seinem selbstbewussten Auftreten: " Das ist die Titanic. Ich sehe gern die Titanic...und so". Kein Wunder also, dass diese Präsentation begeistert aufgenommen wurde .

Manch einer der Anwesenden stellte sich mit Sicherheit die Frage, ob es ihm selbst denn gelungen wäre, so begeistert über sein eigenes Werk zu berichten. Die Kleinen, wie auch die engagierte Moderatorin, konnten jedenfalls zu Recht stolz auf die Gruppenergebnisse sein. Die Leinwände durften von den kleinen Künstlern übrigens mitgenommen werden und so sollte es nicht erstaunen, wenn das eine oder andere Werk, einmal im Zimmer aufgehängt, immer wieder schöne Erinnerungen an Stuttgart hervorrufen wird. Zwar hatten auch die anderen Workshops unheimlich interessante und informative Ergebnisse erarbeitet, die Freude der Grundschüler des Mal-Workshops jedoch steckte jeden an.

Hier zeigte sich einmal mehr, dass gemeinsames Arbeiten an einem Projekt nicht nur einen Jeden persönlich weiterbringen, sondern auch dabei helfen kann, Unbeteiligte mitzureißen. Wenn man sieht, mit welcher Begeisterung und Hingabe die Kinder am Workshop dabei waren, bestrebt, so viel wie möglich der Vorarbeit selbst auszuführen, dann versteht man auch, warum die Lernstatt Demokratie gerade schon bei den Jüngsten so wichtig ist. Durch solche Workshops spielerisch an Eigenverantwortlichkeit, selbstständiges Arbeiten und gegenseitiges Unterstützen herangeführt, sind diese Kinder manch einem Jugendlichen bereits ein großes Stück voraus. Sie nämlich haben die Erkenntnis gewonnen, dass sich Eigen- Engagement auszahlt und einen nicht nur persönlich ein gutes Stück voran bringen kann. Wenn die Menschen unmotiviert sind, sich in keinster Weise als Teil der Gesellschaft sehen, lustlos dahintreiben, nicht bereit sind zu handeln, sondern immer nur darauf warten, von Anderen angetrieben zu werden, eine solche Gesellschaft kann schließlich nicht funktionieren und wird zwangsläufig untergehen müssen. Deshalb - so meine ich - ist auch die Förderung solcher Projekte wie Demokratisch Handeln von so großer Bedeutung für unser Land. Hilfestellungen geben, für Missstände sensibilisieren und diese gemeinsam angehen - das muss und kann der richtige Weg im 21. Jahrhundert sein.

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Malworkshop - Bild 1

Malworkshop - Bild 2

Malworkshop - Bild 5

 
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